Bundeshaushalt:Von dieser Regierung sind keine großen Ideen mehr zu erwarten

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Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD, links) hat einen neuen Bundesetat vorgestellt. (Foto: dpa)

Trotz riesiger Aufgaben wie dem Klimaschutz hält Finanzminister Scholz an der schwarzen Null fest. Die Etatplanung wirkt wie aus der Zeit gefallen.

Kommentar von Cerstin Gammelin, Berlin

Übergangszeiten zeichnen sich durch ein erhöhtes Maß an Unsicherheit aus. Man sieht, dass vieles in Bewegung, aber das große Ganze noch unverändert ist. Einen solchen Übergang markiert die von Bundesfinanzminister Olaf Scholz jetzt vorgelegte Planung des Bundesetats 2020 und der Bundesfinanzen bis zum Jahr 2023. Wie versprochen hat der Sozialdemokrat eine Null unterm Strich ausrechnen lassen; er plant ohne zusätzliche Schulden. Aber die Zahlen senden auch eine andere Botschaft: Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Null kippt. Sie wird das spätestens dann tun, wenn ihre Verteidiger - Union und SPD - als große Koalition zur Seite treten.

Scholz hat den Haushalt auf Kante genäht, und das kann man ihm auch nicht vorwerfen. Er ist halt der Kassenhüter der großen Koalition. Zugleich aber wird es höchste Zeit, sich auch beim Bundeshaushalt ehrlich zu machen. Das Festhalten an der Politik der schwarzen Null um jeden Preis bringt die Bundesrepublik nicht weiter.

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Die politischen Konstellationen in Europa, aber auch weltweit ändern sich dramatisch, ebenso die wirtschaftlichen. In dem Maße, wie die internationalen Handelsstreitigkeiten wachsen, verflüchtigt sich die Konjunktur. Das kostet Wachstum, gerade beim Exportweltmeister Deutschland. Zugleich tauchen mit Wucht riesige Aufgaben auf wie der Schutz des Klimas oder die digitale Arbeitswelt. Da reicht es nicht mehr, ein paar Milliarden Euro in einen Energie- und Klimafonds zu legen in der Hoffnung, dass das Geld vielleicht doch nicht ganz abfließt und dann anderweitig verplant werden kann. So wie es seit Jahren der Fall ist. Und es funktioniert auch nicht, mit vielen kleinen Korrekturen am Arbeitsmarkt und bei der Rente zu versuchen, der digitalen Welt und zugleich der älter werdenden Bevölkerung gerecht zu werden. Was nötig ist, sind große Entwürfe, Investitionen in die Zukunftsfähigkeit des Landes.

Genau diese großen Entwürfe sind der großen Koalition, die im Lauf der Jahre so klein geworden ist, nicht mehr zuzutrauen. Und so wirkt auch die Etatplanung des Bundesfinanzministers wie aus der Zeit gefallen. Sie ist grundsolide, ja. Sie finanziert Baukindergeld, Kitas, Rentenzuschuss und Soli-Abbau. Aber das alles sind im Grunde genommen nur Reparaturarbeiten, das wird nicht lange reichen. Der Bundeshaushalt von Scholz ist einer des Übergangs zwischen vergangenen fetten Jahren und bevorstehenden Jahren des Umbaus, in denen die deutsche Gesellschaft moderner, umweltbewusster und vor allem gerechter werden muss.

Diese Diagnose ist kein Grund zur Panik; aber eine Aufforderung zum Handeln. Und da wird es problematisch: Union und SPD halten krampfhaft an ihren Tabus fest. Etwa über eine Steuer nachdenken wegen des Klimas? Um Himmels willen. Vermögende stärker belasten? Auch lieber nicht. Das Steuersystem so umbauen, dass der ökologische Fußabdruck abgebildet wird, also mehr zahlt, wer die Umwelt schädigt? Oder dass die Steuern auf Arbeitseinkommen gesenkt und dafür die auf Kapitalerträge erhöht werden? Ist nirgendwo zu hören. Noch hat die große Koalition es in der Hand, ihren Fokus von der schwarzen Null weg auf die großen Aufgaben zu legen. Tut sie es nicht, erledigen das ihre Nachfolger.

© SZ vom 26.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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