Bürgermeisterwahl in Moskau:Mann des Kremls

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Der Moskauer Bürgermeister Sergej Sobjanin (Foto: dpa)

Der Posten des Moskauer Bürgermeisters gilt in Russland als der mächtigste nach denen des Präsidenten und des Premiers. Putin-Freund Sobjanin kommt nach ersten Hochrechnungen auf mehr als 50 Prozent der Stimmen - und entgeht so einer Stichwahl. Herausforderer Nawalny zweifelt das Ergebnis an.

Von Julian Hans, Moskau

Bei der Bürgermeisterwahl in der russischen Hauptstadt hat sich der kremltreue Amtsinhaber Sergej Sobjanin gegen den Oppositionellen Alexej Nawalny durchgesetzt. Nach ersten Hochrechnungen erreichte Sobjanin etwas mehr als 50 Prozent der Stimmen und entging damit einer Stichwahl.

Für Nawalny, der zum ersten Mal zu einer Wahl angetreten war, stimmten mindestens ein Viertel der Wähler - er geht damit gestärkt aus der Abstimmung in Moskau hervor. In Umfragen vor der Wahl hatte der prominente Putin-Gegner stets deutlich unter 20 Prozent gelegen. In einer ersten Stellungnahme zweifelte Nawalny die offizielle Zählung an. Eigene Erhebungen von Wahlbeobachtern hatten am Sonntagabend zunächst eine Stichwahl möglich erscheinen lassen. Die Wahlbeteiligung war mit 33 Prozent gering.

Die Kandidatur des 37-jährigen Alexej Nawalny hatte aus der Bürgermeisterwahl ein Kräftemessen zwischen dem Kreml und seinen Gegnern gemacht. Der amtierende Bürgermeister Sergej Sobjanin war unter Wladimir Putin Chef der Präsidialverwaltung. Noch bei der Stimmabgabe am Sonntag erklärte der Präsident, er gehe davon aus, dass "sein Kandidat" gewinne. Großstädte benötigten "keinen Politiker, sondern einen Menschen, der es versteht, zu arbeiten", sagt Putin.

Sobjanin, 55, war im Juni überraschend vom Amt des Bürgermeisters zurückgetreten und hatte sich neu zur Wahl gestellt. Kritiker deuteten diesen Schritt als Finte, weil der Opposition kaum Zeit blieb, um eigene Kandidaten aufzustellen. Wegen der Sommerferien, die viele Bewohner der Hauptstadt traditionell auf ihren Datschen verbringen, mussten die fünf Herausforderer in einer weitgehend leeren Stadt Wahlkampf machen.

Der Posten des Moskauer Bürgermeisters gilt als sehr mächtig

Nawalny ist mit seinem Blog bekannt geworden, in dem er Minister und hohe Beamte der Korruption überführt. Er wurde zur Identifikationsfigur der Protestbewegung, die nach den gefälschten Parlaments- und Präsidentschaftswahlen 2011 und 2012 Massendemonstrationen im ganzen Land abhielt. In der Hauptstadt trat Nawalny mit der Losung an: "Verändern wir Russland, beginnen wir mit Moskau."

Der Posten des Moskauer Bürgermeisters gilt in Russland als der mächtigste nach denen des Präsidenten und des Premiers. Die Stadt mit zwölf Millionen Einwohnern ist das Zentrum der russischen Wirtschaft und Politik. Zehn Jahre hatten die Moskauer ihr Stadtoberhaupt nicht mehr selbst bestimmt, nachdem Präsident Wladimir Putin im Jahr 2004 die Gouverneurswahlen abgeschafft hatte. Als Konzession an die Protestbewegung wurden sie 2012 wieder eingeführt.

In ganz Russland waren am Sonntag mehr als 40 Millionen Menschen aufgerufen, ihre regionalen Vertreter zu wählen: Acht Regionen wählten Gouverneure, 16 wählten Gebietsparlamente, acht Städte wählten neue Bürgermeister, 65 neue Stadträte. Auch diesmal wurden wieder Verstöße gemeldet, wenngleich weniger gravierende.

© SZ vom 09.09.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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