Braunkohle:Aktivisten bringen Kohlekraftwerk fast zum Stillstand

Hunderte Braunkohlegegner blockierten den Nachschub für den Meiler in der Lausitz. Politiker sprechen von "Rechtsbrechern", die für Unfug demonstrieren.

1 / 10
(Foto: dpa)

"Ende Gelände", aus die Maus, raus aus der Kohle: Über einen Zeitraum von 48 Stunden haben Umweltaktivisten den Braunkohle-Tagebau Welzow-Süd besetzt. Das Abbaugelände in der Lausitz, an der Grenze zwischen Sachsen und Brandenburg, gehört zum Vattenfall-Konzern. In der Nähe liegt das Braunkohlekraftwerk Schwarze Pumpe. Um Nachschub für die Öfen aufzuhalten, haben die Aktivisten ihr Camp auf den Gleisen aufgeschlagen. Normalerweise wird hier die Braunkohle vom Förderband auf Züge verladen. Inzwischen hat das Bündnis die Blockade für beendet erklärt, einzelne Braunkohlegegner harren noch aus. Nach Ansicht des Protestbündnisses war die Aktion ein Erfolg...

2 / 10
(Foto: dpa)

...,dem Aufruf zum Protest am Pfingstwochenende sind Umweltschützer aus mehreren europäischen Ländern gefolgt. Mitglieder der Organisation Robin Wood biwakierten etwa unter einer Bahnbrücke. Für die einen ist es ein grenzüberschreitender Protest ist, andere sehen die Aktivisten als eine Gruppe "aus ganz Europa anreisender Rechtsbrecher". Brandenburgs Wirtschaftsminister Albrecht Gerber kritisierte die Aktion mit drastischen Worten.

3 / 10
(Foto: dpa)

"Natürlich steht es jedermann frei, für Unsinn und Unfug zu demonstrieren. Aber es darf nicht sein, dass in unserem Land Gewalt und Selbstjustiz um sich greifen", polterte der SPD-Politiker. Und weiter: "Jeder vernünftig denkende Mensch weiß, dass wir die Braunkohle in der Energiewende noch für lange Zeit brauchen." Ähnlich äußerte sich Ministerpräsident Dietmar Woidke "Jeder hat das Recht, seine Meinung und auch seinen Protest auszudrücken", sagte er. "Demonstrations-, Versammlungs- und Meinungsfreiheit dürfen aber nicht missbraucht werden." Die Aktivisten hatten durch die Gleisblockaden erreicht, dass das Kraftwerk "Schwarze Pumpe" den Betrieb am Samstag drosseln musste.

4 / 10
(Foto: dpa)

Etwa 300 Aktivisten verschafften sich nach Polizeiangaben zudem Zugang zum Kraftwerk selbst. Die Einsatzkräfte hatten laut einer Polizeisprecherin 130 Kohlegegner festgenommen. Diese werden gerade schrittweise wieder aus dem Gewahrsam der Polizei entlassen. Eine Gruppe der Umweltaktivisten soll gewaltsam gegen das Vattenfall-Sicherheitspersonal vorgegangen sein. Die Gruppe riss offenbar Zäune nieder und stürmte auf das Werksgelände. Zwei Aktivisten seien bei den Festnahmen verletzt und ins Krankenhaus gebracht worden. Eine Sprecherin des Aktionsbündnisses "Ende Gelände" sagte dagegen, dass die Gewalt von der Polizei ausgegangen sei, als die Kohlegegner das Kraftwerksareal wieder verlassen wollten. Außerdem seien Teilnehmer des Aktionsbündnisses von Kohle-Befürwortern angegriffen worden.

5 / 10
(Foto: dpa)

Insgesamt beteiligten sich an den Protesten ungefähr 2000 Menschen. Etwa 700 harrten auch nach der vorübergehenden Eskalation am Sonntagmorgen aus. Diese beiden Aktivistinnen zum Beispiel hatten sich mit einem Stahlrohr unter dem Gleis festgekettet. Seit dem Mittag war eine vorübergehende Abschaltung der "Schwarzen Pumpe" immer wahrscheinlicher geworden. Für den Betreiber wäre das kostspielig geworden, denn Braunkohlekraftwerke benötigen sehr viel Zeit und damit Energieaufwand, bevor sie voll betriebsbereit sind.

6 / 10
(Foto: dpa)

"Wenn man ein Kraftwerk nicht mehr mit Kohle versorgen kann, bedeutet das in letzter Konsequenz die Abschaltung", sagte der Sprecher. "Danach kann man es nicht in ein paar Minuten wieder anfahren. Das braucht bis zu einen Tag." Die Schwarze Pumpe versorgt die nahen Städte Spremberg in Brandenburg und Hoyerswerda in Sachsen mit Fernwärme.

7 / 10
(Foto: dpa)

Nicht überraschend also, dass der Energiekonzern Vattenfall die Aktion scharf kritisiert. Die Rede ist von einer "absolut neuen Qualität", dass durch gewaltsamen Druck ein Kraftwerk gezwungen werden soll, seine Produktion einzustellen und damit direkt in das deutsche Stromversorgungssystem einzugreifen. Das betreffe längst nicht mehr nur die Lausitz, sagte der Vorstandsvorsitzende Hartmuth Zeiß. Der Konzern hat Strafanzeige gestellt.

8 / 10
(Foto: dpa)

Die Proteste in der Lausitz sind Teil einer weltweiten Aktionsreihe, die sich gegen die Nutzung fossiler Rohstoffe wie Kohle und Öl richtet. Die Aktivisten in Welzow-Süd fordern den sofortigen Ausstieg aus der Braunkohle, um die Pariser Klimaziele zu erreichen.

9 / 10
(Foto: dpa)

Begleitend zu den Aktionen vor Ort fand im nagegelegenen Ort Welzow am Samstag eine Kundgebung mit 500 Teilnehmern statt. Die Grünen-Bundesvorsitzende Simone Peter sprach sich dort für einen Ausstiegsplan aus, der auch die Interessen des regionalen Arbeitsmarkts im Blick hat. "Wir wollen den Kohleausstieg so organisieren, dass die Arbeitnehmer hier in einem verantwortlichen Strukturwandel mitgenommen werden. Bis spätestens 2035, 2040 muss der Kohleausstieg organisiert sein, aber er muss erst einmal eingeleitet werden." Die Vorsitzende des örtlichen Kreistags sagte, sie stehe hinter der Aktion, während Welzows Bürgermeisterin die Besetzung kritisierte. "Wir können nicht einfach sagen: Braunkohle aus, Regenerative voran - und dann ist die Welt in Ordnung", sagte Birgit Zuchold von der SPD.

10 / 10
(Foto: dpa)

Eine Sprecherin von "Ende Gelände" zog am Sonntag eine positive Zwischenbilanz: "Die Ausdauer und Entschlossenheit der Aktivisten ist unglaublich. Diese Bewegung wird den Kohleausstieg durchsetzen." Die Beendigung der Blockade nach rund 48 Stunden erklärte ein Sprecher so: "Wir haben unsere politischen Ziele erreicht."

© SZ.de/dpa/AFP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: