Die Idee, noch einmal zurückzukehren an die Schauplätze seiner Albträume, trug Lúcio Bellentani schon einige Zeit mit sich herum. Aber es hat dann doch Jahrzehnte gedauert, bis er es wagte. Er hat sich an diesem sonnigen Tag im Frühjahr 2017 ein weißes Hemd und eine dunkelblaue Stoffhose angezogen, seinen Bart sauber gestutzt und seine grauen Haare in akkurate Wellen gekämmt. Bellentani, 72, könnte in diesem Aufzug auch einen Orden für sein Lebenswerk entgegennehmen. Tatsächlich besucht er zwei Tatorte, an denen ein Teil seines Lebens zerstört wurde: den großen Backsteinbau im Zentrum von São Paulo, in dem sie ihn gefoltert haben. Und das Firmengelände im Vorort São Bernardo do Campo, auf dem er kurz zuvor verhaftet worden war - offenbar unter Beteiligung seines Arbeitgebers: Volkswagen do Brasil.
VW in Brasilien:Ohne Bedauern
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Lúcio Bellentani ist noch einmal zurückgekehrt in das Gefängnis, Zelle 2, wo er vor 45 Jahren schwer gefoltert wurde.
(Foto: Sebastian Sievert)Für VW war sein Autowerk in São Paulo ein "Musterbetrieb". Auch zu Zeiten der brasilianischen Militärdiktatur. Für den Arbeiter Lúcio Bellentani war die Fabrik der Eingang zur Hölle. Eine Geschichte über Gewinn und Verlust. Und Folter.
Von Stefanie Dodt und Boris Herrmann
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