Als Jair Bolsonaro im Herbst vergangenen Jahres zum Präsidenten Brasiliens gewählt wurde, machten sich seine Gegner viele Sorgen angesichts der harschen Polemik, mit welcher der 64-Jährige Wahlkampf gemacht hatte. Zwei dieser Sorgen haben in dieser Woche neue Nahrung bekommen; sie betreffen den Umweltschutz in Brasilien und die Vergangenheit des Landes als Militärdiktatur.
Letztere hatte Bolsonaro mehrfach verherrlicht. 2016, damals noch als Abgeordneter, huldigte er in einer Rede im Parlament dem Militärobersten Alberto Brilhante Ustra, einem zu Zeiten der Diktatur berüchtigten Folterknecht. Zudem hat Bolsonaro zahlreiche Posten in seinem Kabinett mit ehemaligen Militärangehörigen besetzt, auch der Vizepräsident kommt aus der Armee. Nun hat Bolsonaro das Land in den inzwischen acht Monaten, seitdem er in den Präsidentenpalast eingezogen ist, zwar nicht zurück in die Militärdiktatur geführt. Mit der historischen Aufarbeitung aber nimmt er es auch nicht besonders genau. Am Donnerstag warf er per Dekret vier der sieben Mitglieder einer Kommission hinaus, welche die Schicksale der Menschen untersucht, die in der Zeit der Diktatur zwischen 1964 und 1985 verschwanden oder ermordet wurden.
Im Juni 2019 wurde fast doppelt so viel Regenwald abgeholzt wie im Juni 2018
Offiziell waren es 475 Opfer, die Dunkelziffer aber ist hoch, auch, weil die Diktatur jahrzehntelang nicht aufgearbeitet wurde. Die Kommission hatte einen Bericht veröffentlicht, in dem es um das Schicksal eines linken Aktivisten namens Fernando Santa Cruz ging. Der Bericht macht den brasilianischen Staat für den "gewaltsamen Tod" von Santa Cruz verantwortlich. Bolsonaro hingegen sagte, der Mann sei von Terroristen ermordet worden, ohne dafür allerdings Beweise vorlegen zu können. Auf Kritik an seiner Aussage reagierte er mit den Entlassungen, unter ihnen den Gefeuerten ist auch die Chefin der Kommission. Einen zweiten, erbitterten Streit liefert sich Bolsonaro mit der Bundesbehörde Inpe, die eigentlich für Raumfahrt zuständig ist. Für den Präsidenten aber wird sie vor allem in Sachen Umweltschutz zum Problem. Aus dem Weltraum nimmt die Behörde Satellitenbilder auf, die sich sehr gut eignen, um die Abholzung des Amazonas-Regenwalds zu dokumentieren. Diese hat zuletzt stark zugenommen.
Allein im Juni wurden demnach 920 Quadratkilometer Regenwald abgeholzt und damit fast doppelt so viel wie im Juni 2018. Die Inpe-Werte für Juli sind noch alarmierender, sie geben eine Steigerung von mehr als 200 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum an. Der Befund deckt sich mit den Berichten von Aktivisten und von Mitgliedern indigener Stämme, die im Amazonas-Gebiet leben. Immer wieder berichten sie auch davon, dass Indigene von Landräubern oder deren Handlangern umgebracht worden seien.
Bolsonaro hingegen bezeichnet die Berichte als gefälscht, ohne dafür aber substanzielle Belege zu liefern. Brasilianischen Medien zufolge will die Regierung nun ein alternatives Satellitensystem starten und andere Daten liefern. Dann drohte Bolsonaro auch den kritischen Inpe-Mitarbeitern mit Entlassungen. Das hatte sich ja schon bei der Historiker-Kommission als Mittel bewährt.