Die Bonner Vollmachten haben nichts mit Deutschland oder deutscher Politik zu tun und mit Bonn nur dem Namen nach. Sie heißen so, weil sie das Ergebnis einer internationalen Konferenz sind, die im Dezember 1997 in Bonn Grundlagen für den damals neuen Staat Bosnien und Herzegowina schuf. Auf Basis des Friedensvertrags von Dayton aus dem Jahr 1995 richteten 55 Staaten und internationale Organisationen den "Friedensimplementierungsrat" sowie das Amt des "Hohen Repräsentanten für Bosnien und Herzegowina" ein, der diesem Rat verantwortlich ist. Der Hohe Repräsentant soll überwachen, dass in dem Staat der Friedensvertrag eingehalten und damit der labile Frieden nach dem Krieg in den Neunzigerjahren bewahrt wird. Dazu stehen ihm die Bonner Vollmachten zur Verfügung: Er kann für das Land verbindliche Entscheidungen treffen, sofern sich die bosnisch-herzegowinische Politik als unfähig oder unwillig dazu erweist. Und er kann Amtsinhaber absetzen, die gegen Gesetze oder das Dayton-Abkommen verstoßen. Christian Schmidt, der derzeitige Hohe Repräsentant, hat nun erneut von diesen Vollmachten Gebrauch gemacht. Er erklärte ein Gesetz der serbischen Teilrepublik für null und nichtig, mit dem dort die Urteile des bosnischen Verfassungsgerichts ausgehebelt werden sollen.
Aktuelles Lexikon:Bonner Vollmachten
Kompetenzen, die aber nichts mit der früheren Bundeshauptstadt zu tun haben.
Von Detlef Esslinger
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