Bildungspaket:Schön oder nur schöngerechnet?

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Manche kritisieren das Bildungspaket als Flop - doch Ursula von der Leyen (CDU) ist zufrieden über die Note, die Eltern und Jugendliche dem Maßnahmenpaket gegeben haben. (Foto: dpa)

Note 2,4 - so bewerten Eltern im Durchschnitt das Bildungspaket. Arbeitsministerin von der Leyen zeigt sich mit dieser Zensur zufrieden. Doch Kritiker trauen der Statistik nicht, die das Paket zum Erfolgsprojekt machen soll.

Von Thomas Öchsner

Mit einer Note kann man viel aussagen. Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen lässt sich deshalb jedes Jahr für ihr Bildungspaket ein Zeugnis ausstellen. Auch diesmal ist die CDU-Politikerin zufrieden. 2,4 - so lautet im Durchschnitt die Note, die sie von den Eltern bekam, die Jugendlichen vergaben sogar eine 1,9. Darüber, sagt die Ministerin, freue sie sich. Jeder wisse, dass "solche Schulnoten nicht immer einfach zu erreichen sind".

An diesem Freitag hatte von der Leyen wieder einmal einen großen Auftritt in der Bundespressekonferenz. Es ging darum, das von Opposition, Verbänden und Sozialforschern als "Flop" kritisierte Bildungs- und Teilhabepaket für 2,5 Millionen bedürftige Kinder ins rechte Licht zu rücken.

Seit zwei Jahren können Eltern, die auf Hartz IV oder Wohngeld angewiesen sind, für ihre Kinder unter anderem ein subventioniertes Mittagessen in der Schule, einen Zuschuss von zehn Euro pro Monat für den Sportverein, die Musikschule oder Nachhilfe beantragen.

Zahlen und Grafiken sollen den Erfolg zeigen

Zeit also, Bilanz zu ziehen, und die Ministerin gab wie immer bei solchen Gelegenheiten ihr Bestes mit Zahlen und Grafiken, die vor allem eines zeigen sollten: "Das Bildungspaket ist erfolgreich und erreicht die Kinder immer besser." Als Beleg legte sie eine Statistik vor: Demnach profitieren fast drei Viertel aller berechtigten Kinder (73 Prozent) von den Leistungen.

Doch wie das so ist mit Regierungszahlen - kaum waren sie veröffentlicht, polterte die Opposition los: Grünen-Sozialpolitiker Martin Kurth sagte, von der Leyen rechne sich "die Misserfolge schön".

Die Angaben der Ministerin samt der so guten Schulnoten beruhen auf einer repräsentativen Befragung von 2300 Familien, die Anspruch auf Geld aus dem Bildungspaket haben. Eine Statistik, wie viele Kinder tatsächlich sich vom Staat den Flötenunterricht, das Fußballtraining oder die Englisch-Zusatzstunde zahlen lassen, gibt es nicht. Die Ergebnisse der Umfrage zeigen aber: Leistungen, die es schon bisher gab und in das Bildungspaket aufgenommen wurden, sind stärker gefragt, wie vor allem die 100 Euro für den Schulbedarf (84 Prozent).

Neue Angebote werden von den einkommensschwachen Familien jedoch eher weniger genutzt: Nur etwa jede vierte kassiert den Zuschuss für Sport oder Musik, in Nordrhein-Westfalen sind es sogar nur zehn Prozent. Bei der Nachhilfe liegt die Quote wie im Vorjahr nur bei fünf Prozent.

Genau hier setzten die Kritiker an: Die SPD-Arbeitspolitikerin Annette Kramme sprach von "grob verfälschenden" Zahlen, weil bereits eine genutzte Leistung pro Jahr - wie für den Schulbedarf - dazu führt, dass man in der Statistik mitgezählt wird. Rechne man den schon vor Jahren eingeführten Schulbedarf heraus, bleibe nur der Schluss, dass "das Bildungspaket gescheitert ist", assistierte Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbands.

Caritas-Präsident Peter Neher sagte: Mit zehn Euro pro Monat ließen sich die Ausgaben für Sport- und Musikunterricht einfach nicht decken. Auch dürfe es Geld für die Nachhilfe nicht nur dann geben, wenn der Übertritt in die nächste Klasse gefährdet sei. Dies müsse auch möglich sein, "damit ein Kind in eine höhere Schule wechseln kann".

Das Bildungspaket, ein "Bürokratiemonster"?

Von der Leyen hält von solchen Vorwürfen wenig: Nicht jeder benötige Nachhilfe, viele Kinder seien für bestimmte Leistungen schlichtweg zu klein. Und die 120 (zwölf mal zehn) Euro im Jahr für einen Verein seien "sehr plausibel". Außerdem liege es auf der Hand, dass dort, wo es viele kostenlose Angebote gebe, wie etwa in Berlin, die Leistungen weniger in Anspruch genommen werden.

Umstritten bleibt ebenfalls die Frage, ob das Bildungspaket ein "Bürokratiemonster" ist. Die Ministerin verwies auf die Umfrage: 80 Prozent der Teilnehmer gaben dabei an, dass ihnen das Ausfüllen des Antrags leicht gefallen sei. Caritas-Präsident Neher hält den Aufwand dagegen für zu hoch. Die Familien müssten "für jeden Schulausflug, jede Klassenfahrt und auch für jeden fälligen Vereinsbeitrag einen aufwendigen Antrag stellen".

Zum Thema Bürokratie nannte von der Leyen noch eine schöne Zahl: 433 Millionen Euro wurden für die Leistungen im vergangenen Jahr abgerufen - oben drauf kamen 160 Millionen Euro für den Verwaltungsaufwand.

© SZ vom 27.04.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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