Bei der Bremer Berufsfeuerwehr sollen sich Mitglieder einer Chatgruppe jahrelang rechtsextreme Bilder und Texte geschickt haben. Feuerwehrmännern wird von Zeugen außerdem vorgeworfen, sich gegenüber Kolleginnen, Kollegen und Hilfsbedürftigen häufig rassistisch und sexistisch geäußert zu haben. Von schweren Beleidigungen ist die Rede, teilweise auch im Rahmen von Einsätzen. Das geht aus Chatprotokollen, Audios und Aussagen hervor, die NDR, Radio Bremen und der Süddeutschen Zeitung vorliegen.
Am Dienstag durchsuchten Beamte die Wohnung eines Hauptverdächtigen im Bremer Umland. Gegen mindestens einen der an der Chatgruppe beteiligten Männer wird laut Bremer Innenbehörde wegen des Verdachts der Volksverhetzung und des Verwendens verfassungsfeindlicher Symbole ermittelt, er wurde vom Dienst suspendiert. Laut Staatsanwaltschaft handelt es sich um einen 52 Jahre alten Bremer Berufsfeuerwehrmann. Auch Verfassungsschutz und eine Sonderermittlerin befassen sich mit dem Fall.
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In Screenshots aus der Chatgruppe sind unter anderem Bilder von Hitler und Hakenkreuzen zu sehen, dazu menschenverachtende Sprüche und Witze über Geflüchtete, Dunkelhäutige, Türken, Juden. "Hoch die Hände, Wochenende!", steht zum Beispiel über einem Hitler-Foto. Ein Foto mit Galgen, drei Gehängten und einer Bierflasche ist mit diesem Spruch versehen: "Einfach mal die Seele baumeln lassen. Nürnberger Reichskristallweizen."
In einem Chat über Fußballtrikots wünscht sich einer der Feuerwehrmänner die Rückennummer 88, in der Szene der Neonazis das Chiffre für Heil Hitler, und ersatzweise die 18, die für Adolf Hitler steht. Ein Foto zeigt Rutschen auf einem Hausdach, die ins Leere führen. "Neuer Spielplatz im Asylantenheim", heißt es dazu. Zum Foto eines vollbesetzten Schlauchboots mit Migranten ist zu lesen: "Wo ist der Weisse Hai, wenn man ihn braucht?!"
Die Chats reichen laut der Protokolle zurück bis ins Jahr 2013. Während der Fußballweltmeisterschaft 2014 machte ein offenbar retuschiertes Foto von einem Haus mit Hakenkreuzen, Hitler, "Sieg Heil" und "Islamisierung - Nein Danke" die Runde. Ein Feuerwehrmann soll laut Zeugen sogar von Vorgesetzten und über Funk mit seinem Spitznamen angesprochen worden sein, dem Namen eines hochrangigen SS-Soldaten.
"Strukturelles Problem innerhalb der Bremer Berufsfeuerwehr"
Aussteiger berichten von Mobbing und Ausgrenzung bei der Bremer Feuerwehr. Rechtes und sexistisches Gedankengut sei bei vielen seiner Kollegen an der Tagesordnung gewesen, erklärt ein früherer Feuerwehrmann. Zum Eid auf das Grundgesetz habe das nicht gepasst. Vorgesetzte hätten die Geisteshaltung teilweise geteilt oder nicht unterbunden, vereinzelter Widerspruch habe keine Wirkung gezeigt. Die Hierarchie sei streng gewesen, mit vielen Abhängigkeiten.
Eine lesbische Feuerwehrfrau mit Migrationshintergrund erzählt, wie Beschwerden von der Leitung ignoriert worden seien. Ein Kollege habe sie beispielsweise im Einsatz "stinkender Kanake" genannt, Rassismus sei bei ihren Dienststellen normal gewesen. Ein Kollege habe gesagt, eine wie sie brauche "nur mal einen richtigen Pimmel". Eine Tonaufnahme hält ein Gespräch fest, bei dem sich Kollegen lachend darüber unterhalten, sie verprügeln zu wollen. "Ich opfere mich und schlag sie", bot einer an. Es wird in dem Mitschnitt auch darüber phantasiert, sie vergewaltigen zu lassen.
Laut einer Aussage hatte die Einstellung von Feuerwehrmännern manchmal sogar Folgen für Rettungseinsätze. Eine Frau mit südländischem Aussehen, die kein Deutsch sprach und Anzeichen eines Herzinfarktes hatte, soll von einem Oberbrandmeister angeschrien worden sein, bis sie weinte. Die Zeugin habe auch beobachtet, dass Patienten oder deren Angehörige von Feuerwehrkollegen provoziert worden seien, "um Situationen eskalieren zu lassen." Beim zweiten Einsatz in einer Flüchtlingsunterkunft in einer Nacht habe sich ein Kollege "richtiges Feuer" gewünscht, "dass die hier alle verbrennen".
Für die Rechtsanwältin Lea Voigt, die Zeugen vertritt, handelt sich nicht um Einzelfälle, "sondern um ein strukturelles Problem innerhalb der Bremer Berufsfeuerwehr". Sie und Zeugen verlangen die rasche Einrichtung einer unabhängigen Beschwerdestelle.
Zuletzt hatte es immer wieder Berichte über rechtsextreme Chatgruppen bei Polizei und Feuerwehr gegeben, in Thüringen wird gegen Mitglieder einer Freiwilligen Feuerwehr ermittelt. Der Präsident des Deutschen Feuerwehrverbandes, Hartmut Ziebs, hatte im vergangenen Jahr vor einer rechten Unterwanderung der Feuerwehr gewarnt, er bekam danach Drohmails. Ende 2019 trat er zurück.