Bericht zur Menschenrechtslage:UN werfen Nordkorea Gräueltaten vor

Lesezeit: 2 min

Nordkoreanische Soldaten und Zivilisten auf einem Lkw nahe der Stadt Uiju an der Grenze zu China (Archivbild) (Foto: Getty Images)

Die Fälle reichen von Folter über sexuelle Gewalt bis zur Sklaverei: Ein Bericht der Vereinten Nationen zur Menschenrechtslage in Nordkorea bringt Schreckliches zutage. Das UN-Gremium fordert ein Verfahren vor dem Internationalen Strafgerichtshof.

Knapp ein Jahr lang hat eine Kommission der Vereinten Nationen Dutzende Opfer des nordkoreanischen Regimes befragt, mit Experten gesprochen, Satellitenbilder und andere Beweismittel ausgewertet. An diesem Montag legte das Gremium den Bericht zur Menschenrechtslage in dem isolierten Land vor.

Die Untersuchungskommission wirft dem Regime systematische Massentötungen, Folter und andere schwere Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor. Vertreter der Führung in Pjöngjang müssten vor den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag gebracht werden, forderte das Expertenteam bei der Vorstellung des Berichts in Genf. "Die Schwere, das enorme Ausmaß und die Art und Weise der in diesem Staat begangenen Verbrechen sind in der heutigen Welt beispiellos", erklärte die Kommission. In einem Brief an das kommunistische Land schrieb die Kommission, dass sich Machthaber Kim Jong Un möglicherweise selbst verantworten müsse.

Häftlinge würden zu Tode gehungert

Der Chef der unabhängigen Kommission, Michael Kirby, sagte der Nachrichtenagentur Reuters, in dem Bericht würden Verbrechen genannt, die an Taten der Nazis im Zweiten Weltkrieg erinnerten. "Einige sind verblüffend ähnlich." So würden Häftlinge in Gefangenenlagern praktisch zu Tode gehungert. Ihre Leichen würden verbrannt und vergraben. Dies sei die Aufgabe anderer Häftlinge, sagte Kirby. Für Art und Ausmaß der Verbrechen fänden sich in der Gegenwart keine Vergleiche.

Hinrichtungen in Nordkorea
:Kims Regime des Schreckens

Mit unerbittlicher Brutalität und Todesurteilen will Kim Jong Un seine Macht festigen. Nicht nur sein Onkel, sondern auch sein ehemaliger Vormund wurde hingerichtet. Zudem sollen Tausende Nordkoreaner bei "Säuberungsaktionen" in Lager verfrachtet werden. Die nordkoreanische Bevölkerung scheint hinter dem 30-Jährigen zu stehen - doch eines hat er nicht bedacht.

Von Christoph Neidhart, Tokio

Erste Details, die schon vor der offiziellen Pressekonferenz an die Öffentlichkeit gedrungen sind, ließen bereits Schreckliches erahnen. Einwohner des Landes hätten "unaussprechliche Gräueltaten" erlitten, heißt es in dem Bericht. Die Kommission hat von Folter, Sklaverei, sexueller Gewalt und gravierender politischer Repression erfahren.

Ein ehemaliger Inhaftierter habe geschildert, dass die Wächter in einem Straflager eine junge Mutter gezwungen hätten, ihr Neugeborenes zu ertränken. Andere Opfer hätten UN-Vertretern davon berichtet, dass Menschen gefoltert worden seien, weil sie ausländische Seifenopern im Fernsehen angeschaut hätten. Die Bevölkerung leide unter einem System der Nachbarschaftsüberwachung, das davon lebe, sich gegenseitig zu denunzieren.

Die Regierung in Pjöngjang weist sämtliche Vorwürfe zurück. Das Regime habe sich geweigert, die Untersuchungen der UN-Kommission zu unterstützen. Im Mai vergangenen Jahres habe die Regierung schriftlich mitteilen lassen, sie lehne die Kommission "kategorisch" ab. Auf weitere Schreiben habe Pjöngjang dann nicht mehr reagiert.

Rückendeckung aus Peking

Nach Ansicht der USA belege der Bericht "klar und unwiderruflich" die brutale Realität der Menschenrechtsverstöße in Nordkorea. Washington unterstütze den Bericht und dränge Pjöngjang "konkrete Schritte" zur Verbesserung der Lage zu unternehmen, sagte eine Sprecherin des US-Außenministeriums in Washington.

Rückendeckung bekam Nordkorea von China. Die "einschlägige Position" Pekings bei Menschenrechtsfragen sei "glasklar", sagte Außenamtssprecherin Hua Chunying schon vor der Veröffentlichung des Berichts. Solche Fragen müssten "durch konstruktiven Dialog auf Augenhöhe" geklärt werden.

Am 17. März wird das mehrere Hundert Seiten umfassende Dokument dem UN-Menschenrechtsrat vorgelegt, der die Kommission eingesetzt hat.

© Süddeutsche.de/dpa/AFP/dmo - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: