Seit vielen Wochen protestieren Bauern in Deutschland gegen die Agrarpolitik der Bundesregierung. Meistens blockieren sie mit ihren Traktoren Straßen und stören damit den Verkehr. Doch nach einer Aktion in Brandenburg spricht die Polizei nun von einem "neuen Niveau" und einer "Gefährdung von Leib und Leben".
In der Nacht zum Montag hatten Protestierende nach Polizeiangaben bei Wustermark im brandenburgischen Landkreis Havelland Gülle und Mist auf der Bundesstraße 5 verteilt - über mehrere Hundert Meter. Die Konsequenz: Drei Fahrzeuge seien frontal in die Hindernisse hineingefahren, sagte eine Sprecherin.
Bei den Unfällen wurden fünf Menschen verletzt und ins Krankenhaus gebracht. Ein solches Ausmaß der Proteste habe sie noch nicht erlebt, sagte die Sprecherin. Die Polizei ermittelt wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr und erteilte Platzverweise. An der Stelle sei ein Tempo von 100 Kilometern pro Stunde erlaubt. An einer Unfallstelle auf der B 5 war am Montag ein stark demoliertes Auto zu sehen, dahinter ein Notarztwagen.
"Hier wurden Grenzen überschritten"
Andere Landwirte sehen die nächtliche Blockade kritisch. Der brandenburgische Bauernpräsident Henrik Wendorff distanzierte sich von der nicht angemeldeten Aktion: "Das, was jetzt passiert ist, darf nicht passieren. Hier wurden Grenzen überschritten." Bei den Protesten der Landwirte dürfe niemand zu Schaden kommen, sagte Wendorff laut einer Mitteilung. "Das heißt, wir melden unsere Veranstaltungen grundsätzlich mit Namen und Adresse an und übernehmen für diese auch Verantwortung. Für diese Vorgehensweise steht der Landesbauernverband und für keine andere", wurde Wendorff zitiert.
Im brandenburgischen Landtag stößt die Protestform ebenfalls auf Widerspruch. Der Agrarexperte der Linksfraktion im Landtag, Thomas Domres, kritisierte, die Vorkommnisse schadeten dem Anliegen und dem Ansehen der Bauern.
Den Landwirten geht es bei ihren Protesten gegen die Bundesregierung vor allem um die geplanten Beihilfekürzungen beim Agrardiesel, aber auch generell um aus ihrer Sicht zu starke Vorgaben der Politik für die Landwirtschaft. Die Demonstrationen bleiben nicht unbeachtet: So konnten die Landwirte etwa in der vergangenen Woche einen Erfolg feiern, als Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) die Bewirtschaftung zusätzlicher Ackerflächen freigab. Damit können die deutschen Bauern auch in diesem Jahr weitere vier Prozent ihrer Flächen bewirtschaften, die eigentlich für Hecken oder Grünstreifen reserviert sein sollten. Eine ursprünglich geplante Gegenleistung, die Özdemir dafür erlangen wollte, fällt erst einmal aus.