In der Schalterhalle des Saarbrücker Hauptbahnhofs rattern die Anzeigentafeln, RE1 nach Trier, RE1 nach Mannheim, dazwischen immer wieder Regionalbahnen in Orte, die Lebach-Jabach heißen oder St. Wendel. Einerseits ist das gut. Die Landesregierung um Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) hatte bei ihrem Amtsantritt im vergangenen Jahr ausgerufen, dass im Saarland wieder eine Million Menschen leben müssten, und wer hier einmal angekommen ist, kommt so schnell nicht mehr weg, zumindest nicht mit dem Zug. Wieso also nicht gleich bleiben? Andererseits ist es schon auch ein ernstes Problem.
Die Deutsche Bahn und die französische SNCF haben angekündigt, Berlin und Paris ab Dezember 2024 mit einer neuen Schnellzugstrecke zu verbinden. Nur über deren Verlauf sind sie sich nicht einig: Sollen die Züge in Saarbrücken oder in Straßburg halten? In beiden Regionen haben Politikerinnen und Politiker betont, wie europäisch sie sind. Der Oberbürgermeister von Saarbrücken sagte, die Stadt sei "die Hauptstadt der deutsch-französischen Zusammenarbeit", der französische Verkehrsminister verwies darauf, dass das Europäische Parlament in Straßburg tagt. Ein Wettstreit um einen Bahnhalt.
Das Saarland kämpft mit seiner Randständigkeit
Dass der vor allem auf deutscher, also auf saarländischer Seite, so ernst ausgetragen wird, hat zunächst einen praktischen Grund. Bisher gab es von Saarbrücken aus nur eine Direktverbindung nach Berlin, um 6.28 Uhr hin, um 17.04 Uhr zurück, Fahrtzeit knapp sechseinhalb Stunden. Gerade gibt es nicht mal die, wegen Bauarbeiten. Wer von der Saar an die Spree will, muss mindestens in Mannheim umsteigen und braucht mindestens sieben Stunden.
Ebenso wichtig aber dürfte ein zweiter Grund sein: Das Saarland kämpft mit seiner Randständigkeit. In den Hochöfen der Stahlwerke wird tonnenweise Koks verfeuert, dem Landtag fehlte das Geld, um den Strukturwandel zu finanzieren. Auf mehrere schlechte Nachrichten (Ford-Werk schließt! SVOLT kommt später!) folgten einige gute (Investor für Ford-Werk gefunden! Transformationsfonds beschlossen!), aber wie gut die wirklich sind, lässt sich noch nicht zuverlässig sagen. Zu dieser Lage kommt dann das Ziel der SPD, wieder auf eine Million Saarländerinnen und Saarländer zu kommen, grad se läds, wie man hier sagt, jetzt erst recht. Da käme die Anbindung an die neue Strecke natürlich gelegen.
ICE und TGV sind hier Standortfaktoren
Und damit zurück zur Bedeutung der Bahnverbindung. Wer jung ist und im Saarland bleiben will, oder sogar von außerhalb herzieht, der will vielleicht auch ohne Auto mobil sein, der will vielleicht nicht alle Wochenenden in Besseringen verbringen, sondern manche in Berlin.
Der Halt der ICEs und TGVs, das ist im Saarland also nicht nur ein Rattern auf der Anzeigentafel - das ist ein Standortfaktor. Bei der Bahn heißt es, nach aktueller Planung sei ein Halt in Saarbrücken "wahrscheinlich". Eine abschließende Bestätigung und die genauen Fahrplanzeiten lägen allerdings erst dann vor, wenn die beiden Infrastrukturbetreiber SNCF Réseau und DB Netz ihr Trassenangebot gemacht hätten. Und so heißt es in Saarbrücken weiter: Abwarten und Regionalexpress fahren.