Köln:Weniger Abschiebungen über NRW-Flughäfen: Hart für Kinder

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Autos fahren am Terminal 2 des Flughafens Köln/Bonn vorbei. (Foto: Marius Becker/dpa/Archiv)

Über die Flughäfen Nordrhein-Westfalens sind im vergangenen Jahr deutlich weniger Abschiebungen abgewickelt worden. Während dort 2018 noch 5300 Menschen...

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Düsseldorf (dpa/lnw) - Über die Flughäfen Nordrhein-Westfalens sind im vergangenen Jahr deutlich weniger Abschiebungen abgewickelt worden. Während dort 2018 noch 5300 Menschen abgeschoben wurden, waren es im vergangenen Jahr 4460, berichtete das von den Kirchen und anderen Organisationen getragene Forum Flughäfen am Donnerstag, das nach eigenen Angaben rund 1000 der Abschiebungen beobachtet hat. Das entspricht einem Rückgang von rund 16 Prozent.

Die beteiligten Behörden seien dabei in der Regel angemessen und professionell vorgegangen: 84 Fälle seien dem Forum Flughäfen in NRW zur Beratung vorgelegt worden, weil es zum Beispiel Probleme bei der Abschiebung psychisch kranker Menschen gegeben habe. In 34 der Fälle sei die Abschiebung abgebrochen worden.

Trotz rückläufiger Zahlen sei der Abschiebedruck hoch. „Wir haben den Eindruck, dass 2019 häufig psychisch kranke oder sogar suizidgefährdete Menschen zum Flughafen gebracht wurden“, berichtete Abschiebebeobachterin Dalia Höhne. In sechs Fällen seien Menschen entweder direkt aus stationären Einrichtungen oder kurz nach ihrer Entlassung abgeschoben worden. Zwei der Betroffenen seien aus einer Psychiatrie abgeholt worden. In einem Fall wurde aus einer Psychiatrie heraus abgeschoben.

In einigen Fällen habe es den Beamten auch an der nötigen Sensibilität gefehlt. So habe ein Polizist, der nicht aus NRW kam, Helm und Fesseln, die ein Abschiebekandidat tragen musste, mit den Worten kommentiert: „Oh cool! Was ist das denn? Hannibal Lector, oder was?“ Kurz zuvor habe der so bezeichnete Mann versucht, sich die Pulsadern aufzuschneiden. Die Wunden hätten mit 40 Stichen genäht werden müssen.

Besonders litten Kinder unter der Abschiebung. Der Anblick von bewaffneten Polizisten könne für Minderjährige, die aus einem Bürgerkriegsland kommen, verstörend sein und retraumatisierend wirken.

Im Wartebereich könnten sich die Kinder mittlerweile in einer Spielecke etwas beschäftigen. Noch immer gebe es keine Sichtschutze, mit denen verurteilte Straftäter und Familien getrennt voneinander auf den Abflug warten könnten.

Nicht immer würden Familien gemeinsam abgeschoben. In einem Fall sei ein Vater mit seinen Kindern abgeschoben worden, während die Mutter nach einem Selbstmordversuch im Krankenhaus gelegen habe.

„Der Bericht zeigt sehr deutlich, dass bei Abschiebungen immer noch viel zu häufig humanitäre Standards nicht eingehalten werden“, kritisierten die Grünen. Die schwarz-gelbe Landesregierung, die sich damit rühme, bundesweit die meisten Abschiebungen durchzuführen, müsse sich Fragen zu den Rahmenbedingungen stellen.

Die meisten problematischen Abschiebungsfälle hätten in der Zuständigkeit des Landes NRW gelegen. Gerade in Pandemie-Zeiten seien Abschiebungen unverantwortlich.

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