Artenschutz:Geiz geht gar nicht

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Eine von einer Million: Auch die Art der Wildbienen ist vom Aussterben bedroht. (Foto: Sebastian Gollnow/dpa)

In Montreal streiten sich Industrie- und Entwicklungsländer einmal mehr ums Geld. Es geht um 100 Milliarden Dollar jährlich.

Von Thomas Krumenacker

Mitte der Woche hat es in Montreal geknallt. So richtig. Das ist bei großen, globalen Konferenzen nicht selten der Fall. Kurz bevor die Chefinnen und Chefs anreisen, die Minister oder Staatsführer, geraten die Delegationen oft aneinander. Keine der Seiten kann oder will nachgeben, eben weil die Oberen sich die Entscheidung vorbehalten, und die kommen ja erst für die sogenannte "heiße Phase" des Treffens. Bei der Weltnaturkonferenz ist es - einmal mehr - der Streit ums Geld, der sich zu einer ernsten Belastungsprobe ausgewachsen hat: Aus Protest gegen die aus ihrer Sicht eindeutig zu geizige Haltung der Industriestaaten verließen die Delegationen zahlreicher Entwicklungsländer am Dienstag und Mittwoch die Verhandlungen.

Zwar sind sie mittlerweile wieder an den Verhandlungstisch zurückgekehrt, wie der Gastgeber, Kanadas Umweltminister Steven Guilbeault, in der Nacht zum Donnerstag Reporter erleichtert wissen ließ. Doch ist die wichtigste Konfliktlinie der Konferenz klar: 30 Prozent der gesamten Erdoberfläche zu Land und zu Wasser sollen unter Schutz gestellt werden. Und weil eben ein größerer Teil der Flächen in Entwicklungsländern liegt und sie einen "höhere Belastung" tragen, wie es die brasilianische Delegation formuliert, wollen sie einen größeren Anteil an den Ressourcen, die in den Artenschutz gesteckt werden sollen. Die Entwicklungsländer verlangen Ausgaben von mindestens 100 Milliarden Dollar jährlich bis 2030.

Der Konflikt mit Russland gefährdet den Erfolg der Konferenz

Doch nicht nur der Graben zwischen Industrie- und Entwicklungsländern belastet das Treffen in Montreal. Schon zu Beginn wurde die Rivalität zwischen Kanada, dem Gastgeber der Konferenz, und China deutlich, dessen Umweltminister Huang Runqiu Präsident des Biodiversitätsgipfels ist. Kanada gehört zu den Ländern, die am offensivsten für weitreichende Naturschutzbestimmungen eintreten, China steht eher auf der Bremse. Zwischen den beiden rohstoffreichen und flächengroßen Ländern wächst zudem die wirtschaftliche Konkurrenz im Rennen um die Schlüsselrohstoffe der Zukunft. Kanada präsentiert sich zunehmend offensiv als Lieferant für Mineralien, die entscheidend für die Transformation in eine kohlenstofffreie Zukunft sind, und dringt damit in einen Bereich vor, den bisher China dominiert.

Und dann ist da noch der Konflikt mit Russland. In den Verhandlungen der vergangenen Tage ist es regelmäßig zu Scharmützeln zwischen Russland und der Europäischen Union gekommen. Der russische Delegierte blockiert immer wieder Positionen, die der EU am Herzen liegen. Einspruch gibt es häufig dann, wenn es um Menschenrechte oder "Gender-Gerechtigkeit" geht. Ihren geopolitisch heikelsten Punkt haben die Verhandlungen indes wohl ohne Schaden überstanden. Die Europäische Union hatte darauf beharrt, den russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine in klaren Worten zu verurteilen. Unterstützt wurde sie dabei nur von einer kleinen Gruppe von Staaten um Neuseeland, der Schweiz und Kanada. Viele haben offenbar Furcht, Russland zu sehr zu provozieren. Denn es gilt das Einstimmigkeitsprinzip. Das Veto einer einzelnen Delegation würde das gesamte Abkommen scheitern lassen.

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