Anzeige gegen BND-Mitarbeiter:BND soll Mitarbeiter angezeigt haben - Verbindungen nach Russland?

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  • Der BND hat einem Medienbericht zufolge einen Mitarbeiter wegen des Verdachts auf Geheimnisverrat angezeigt.
  • Der Mann soll den damaligen Unionspolitiker im NSA-Untersuchungsausschuss, Roderich Kiesewetter, über verdeckt tätige BND-Mitarbeiter in seinem Umfeld informiert haben. Daraufhin war dieser zurückgetreten.
  • Der angezeigte BND-Mann war womöglich für einen russischen Geheimdienst tätig.
  • Politiker aller Parteien fordern Aufklärung.

BND zeigt Mitarbeiter wegen Geheimnisverrats an

Der Bundesnachrichtendienst (BND) hat einem Zeitungsbericht zufolge gegen einen Mitarbeiter Anzeige wegen des Verdachts auf Geheimnisverrat erstattet. Wie die Welt berichtet, soll der Mann im vergangenen Jahr den damaligen Obmann der Union im NSA-Untersuchungsausschuss, Roderich Kiesewetter (CDU), darüber informiert haben, dass in seinem Umfeld im Reservistenverband der Bundeswehr zwei Beschaffungshelfer des BND tätig gewesen seien.

Der Ex-Soldat Kiesewetter, der dem Reservistenverband vorsteht, war daraufhin von seinem Posten im Untersuchungsausschuss zurückgetreten. Zunächst hatte er als Begründung ein "zu hohes Arbeitspensum" angegeben. Dann erst kam ans Licht, dass er dem Zweifel an seiner Unvoreingenommenheit zuvorkommen wollte und sich vom BND nicht ausreichend informiert fühlte. Mit der Anzeige gegen den BND-Mitarbeiter bekommt der Fall nun weitere Brisanz - womöglich hat der russische Geheimdienst seine Finger im Spiel, mutmaßt die Welt.

Verwickelt in den Spionagefall des Ehepaars Anschlag

Es bestehe der Verdacht, dass der BND-Mitarbeiter Kiesewetter im Auftrag eines russischen Nachrichtendienstes informiert haben könnte, um damit die Arbeit des Untersuchungsausschusses zu beeinflussen.

Der BND war der Welt zufolge vor ein paar Jahren dem Verdacht nachgegangen, dass der nun angezeigte Mitarbeiter einem russischen Nachrichtendienst Informationen liefere. Sein Name sei in einem der spektakulärsten Spionagefälle seit der Wiedervereinigung aufgetaucht: Das Ehepaar Heidrun und Andreas Anschlag wurde im Jahr 2013 wegen Agententätigkeit zu Haftstrafen verurteilt. Nachweislich hätten sie den späteren BND-Mitarbeiter im Jahr 2003 als potenzielle Quelle an Moskau empfohlen, schreibt die Welt.

Anschließend soll es Treffen zwischen dem Deutschen und einem Vertreter des russischen Generalkonsulats gegeben haben. Nach der Enttarnung der Anschlags sei der BND-Mitarbeiter in den Fokus der Eigensicherung des Dienstes geraten. Dies habe sogar zu einer Überwachung von Telefonaten und E-Mails (G-10-Maßnahme) geführt, bislang seien jedoch keine Beweise gefunden worden.

Politiker reagieren empört

Der Vorsitzende des NSA-Untersuchungsausschusses, Patrick Sensburg (CDU), sagte der Welt, er und seine Kollegen müssten "sehr gründlich überlegen, ob man den Untersuchungsauftrag des Ausschusses auf den russischen Auslandsgeheimdienst erweitert". Hintergrund seien Hinweise zu den Veröffentlichungen des im russischen Exil lebenden früheren US-Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden, der ungeklärte Ursprung neuer Wikileaks-Enthüllungen sowie der Bericht zum Rücktritt von Kiesewetter. "Wir dürfen nicht ausschließen, dass unsere Arbeit durch Kampagnen aus Moskau beeinflusst werden soll", sagte Sensburg.

Der Obmann der Grünen im Untersuchungsausschuss, Konstantin von Notz, kritisierte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Vize-Kanzler Sigmar Gabriel (SPD). "Dass der Untersuchungsausschuss diese Informationen nicht von der Bundesregierung, sondern aus der Zeitung erfährt, stärkt nicht gerade das Vertrauen in die Aufklärungsbereitschaft von Merkel und Gabriel", sagte von Notz.

SPD-Obmann Christian Flisek forderte ebenfalls Aufklärung der Umstände von Kiesewetters Rücktritt. "Dem BND fehlt es in dieser Sache von Beginn an an Sensibilität." Es sei bereits "grob fahrlässig" gewesen, dass der Geheimdienst Kiesewetter nicht über die Beschaffungshelfer in seinem Umfeld informiert habe.

Der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums, André Hahn (Linke), sagte der Zeitung: "Ein Fall von Geheimnisverrat durch einen BND-Mitarbeiter ist definitiv ein Vorgang von besonderer Bedeutung, über den die Bundesregierung das Kontrollgremium unterrichten muss. Das ist nicht geschehen." Der Linkspolitiker kündigte an, den Vorgang auf die Tagesordnung der kommenden Sitzung im September zu setzen.

© Süddeutsche.de/AFP/sks - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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