Es ist nicht so, dass die transatlantischen Beziehungen erst seit gestern angespannt wären. Doch mit seiner kämpferischen, für manche: scharfmacherischen Rede zu Iran diese Woche hat der neue US-Außenminister Mike Pompeo am Montag nochmals einen neuen Ton für das Treffen mit Bundesaußenminister Heiko Maas gesetzt. Die "stärksten Sanktionen" in der Geschichte hatte Pompeo angekündigt, in undiplomatischer Deutlichkeit war er über das Atomabkommen hergezogen, das die Europäer nach dem Ausstieg der USA zu retten versuchen. "Das ist ihre Entscheidung", sagte Pompeo dazu, aber die EU und ihre Unternehmen müssten wissen: Verbotene Geschäftsbeziehungen zu Iran würden die USA nicht tolerieren.
Am Mittwochnachmittag (Ortszeit) also traf Maas, ebenfalls erst seit Kurzem im Amt, Pompeo zum Antrittsbesuch in Washington. Im Auswärtigen Amt hatte es im Vorfeld geheißen, es gehe dabei vor allem um ein "Kennenlernen", wichtigstes Thema aber war natürlich der Streit um das Iran-Abkommen. Eine Annäherung brachte das Gespräch der beiden Außenminister nicht, im Gegenteil. "Wir schlagen zwei völlig unterschiedliche Wege ein", sagte Maas nach dem Treffen. Es seien nur bekannte Positionen ausgetauscht worden. "Ich glaube, dass wir von einem Kompromiss noch weit entfernt sind." Allerdings zeigte sich Maas zu dem von Pompeo vorgeschlagenen Außenministertreffen der drei europäischen Vertragsstaaten - Deutschland, Frankreich und Großbritannien - und der USA bereit.
Zuvor hatte sich Maas im Weißen Haus zu einem Gespräch mit John Bolton getroffen. Der neue Nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Donald Trump hatte sich in der Vergangenheit wiederholt für ein scharfes Vorgehen gegen Iran ausgesprochen und auch öffentlich für einen Regimewechsel in Teheran geworben. Maas sagte im Anschluss, er habe Bolton gegenüber "in aller Deutlichkeit" klargemacht, wie die Position Deutschlands und der EU in der Iran-Frage aussehe: "Wir in Deutschland und Europa sind entschlossen, alles dazu beizutragen, dieses Abkommen aufrechtzuerhalten." Eine Fortführung des Abkommens liege in "unserem eigenen Sicherheitsinteresse. Wir wollen keine Verbreitung von Atomwaffen in unserer erweiterten Nachbarschaft."
Maas traf bereits Meinungsführer aus dem Kongress
Er habe mit Bolton nicht nur über Iran gesprochen, sondern auch über Syrien und die Region, denn "bei diesen Konflikten hängt alles zusammen". Das transatlantische Verhältnis betrachtet Maas mit "Sorge", wie er sagte: "Wir brauchen Amerika an vielen Stellen auf der Welt." Die Beziehung müsse Meinungsverschiedenheiten aber aushalten. Auf Maas' Programm stand auch ein Besuch im Holocaust Memorial Museum in Washington.
In der Hauptstadt angekommen war er bereits am Vortag. Auf dem Kapitolshügel traf sich der SPD-Mann am Dienstag mit Meinungsführern aus dem Kongress. So sprach er mit Nancy Pelosi, der Fraktionsvorsitzenden der Demokraten im Repräsentantenhaus, sowie mit Ed Royce, dem republikanischen Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses des Repräsentantenhauses. In allen Gesprächen war Iran eines der Hauptthemen.
Sowohl gegenüber Bolton wie gegenüber den Abgeordneten aus dem Kongress verwies Maas darauf, dass die Europäer in ihrer Haltung zu Iran geschlossen seien. Das habe sich beim EU-Gipfel in Sofia vergangene Woche gezeigt. Es sei zwar durchaus so, dass die EU die Bedenken der Amerikaner wegen des iranischen Raketenprogramms teile, und man goutiere auch die Rolle Teherans in verschiedenen regionalen Konflikten im Nahen Osten nicht. Es bleibe aber bei der Position Europas, wonach man über all diese Probleme nur auf der Grundlage des bestehenden Atomabkommens sprechen wolle.
Auch der Handelsstreit belastet die Beziehungen
Pompeo hatte in seiner Grundsatzrede vor dem konservativen Thinktank Heritage Foundation eine lange Liste von "bösartigen Aktivitäten" des iranischen Regimes aufgezählt, die es zu stoppen gelte. "Nie wieder" dürfe Iran in der Region einen so großen Einfluss erlangen, wie ihn die bisherige Politik des Westens ermöglicht habe. Erreichen will die US-Regierung dies mit der Wiederaufnahme alter Sanktionen und der Verhängung neuer finanzieller Strafmaßnahmen.
Das zweite große Thema von Maas' Antrittsbesuch war der Handelsstreit, der die Beziehungen zwischen den USA und der EU seit Wochen belastet. Bis zum 1. Juni will Trump darüber entscheiden, ob er den EU-Staaten eine weitere Ausnahme für die ursprünglich im März verhängten US-Einfuhrzölle auf Stahl und Aluminium zugesteht. Die Europäer sind zu Zugeständnissen bereit, doch die Zeit werde jetzt knapp, sagte Maas vor seinem Treffen mit Pompeo. Man sei gesprächsbereit, "aber nicht mit der Pistole auf der Brust".