Explosion in Marokko:Anschlag auf Touristen-Café in Marrakesch

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Die Regierung spricht von einem politisch motivierten Terrorakt - bei einer Explosion in einem belebten Touristen-Café in der marokkanischen Stadt Marrakesch sind mindestens 14 Menschen getötet und mehr als 20 zum Teil schwer verletzt worden. Auch Ausländer sollen unter den Opfern sein.

Javier Cáceres

Bei einer Explosion in einem Touristencafé in der marokkanischen Stadt Marrakesch sind am Donnerstag mindestens 14 Menschen getötet worden. Einige Quellen sprechen sogar von 18 Todesopfern. Unter den Todesopfern seien mindestens elf Ausländer, teilten die marokkanischen Behörden mit. Mehr als 20 weitere Personen seien zum Teil schwer verletzt worden.

"Die gesamte erste Etage wurde durch die Explosion beschädigt", sagte ein Augenzeuge. Das Café Argana auf dem zentral gelegenen Djemaa-el-Fna-Platz wurde um kurz vor zwölf Uhr am Donnerstag von einer heftigen Explosion erschüttert. Mindestens 14 Menschen starben. (Foto: dpa)

Die Behörden gingen am Nachmittag nach einer ersten Spurensicherung von einem politisch motivierten Terrorakt aus. Über mutmaßliche Hintermänner wurden zunächst keine Angaben gemacht. Marokkanische Medien spekulierten aber, dass ein nordafrikanischer al-Qaida-Ableger hinter dem Attentat stecken könnte.

"Nach den ersten Hinweisen, die wir haben, war es ein Anschlag", sagte eine offizielle Quelle der Nachrichtenagentur AFP. Gerüchten zufolge soll es sich um das Werk eines Selbstmordattentäters gehandelt haben. Der Sprecher der marokkanischen Regierung, Jalid Naciri, teilte im Fernsehen mit, dass eine Untersuchung eingeleitet worden sei. Die Explosion ereignete sich kurz vor zwölf Uhr mittags im Café Argana auf dem Marktplatz Djemaa el Fna. Es gilt als eine der touristischen Hauptattraktionen von Marrakesch, weil man aus der ersten Etage des Lokals den mittelalterlichen Djemaa-el-Fna-Platz überblicken kann, der als Weltkulturerbe gilt.

Die Lage vor Ort wurde als unübersichtlich geschildert. Zahlreiche Rettungskräfte seien vor Ort und versuchten, die Opfer zu bergen. "Die gesamte erste Etage des Cafés Argana wurde durch die Explosion beschädigt", sagte ein Augenzeuge der Nachrichtenagentur AFP, "die Explosion fand in der Küche statt, wo es Gasflaschen gibt." Dies erklärt, warum in ersten Meldungen davon die Rede war, dass die Explosion wohl auf einen Unfall zurückzuführen sei. Es hieß, dass die Explosion sehr heftig gewesen sei. Man habe sie noch aus mehreren Kilometern Entfernung wahrnehmen können, sagten Zeugen.

Bei den Toten soll es sich um Angestellte und Kunden der Gaststätte handeln. Das Auswärtige Amt in Berlin teilte mit, dass geprüft werde, ob auch Deutsche unter den Opfern seien. Offizielle marokkanische Stellen bestätigten zunächst, dass zahlreiche Ausländer unterschiedlicher Nationalitäten unter den Opfern seien. Deutsche Reiseveranstalter reagierten zunächst abwartend. Mit Thomas Cook in das nordafrikanische Land gereiste Urlauber sind nach Angaben des Unternehmens wohlauf. TUI erklärte, man sei mit dem Auswärtigen Amt in Kontakt.

Marokko hat eine große Islamisten-Szene

Das Attentat kam insofern überraschend, als es in Marokko schon seit geraumer Zeit keine größeren Terroranschläge mehr gegeben hatte. Zwar hat Marokko eine große Islamisten-Szene, sie ist aber überwiegend friedlich. Die größte Anschlagsserie wurde im Mai 2003 verzeichnet. Damals starben bei Attentaten auf westliche und jüdische Einrichtungen in Casablanca 45 Menschen, darunter zwölf Selbstmord-Attentäter.

Zudem war es im Vergleich zu anderen arabischen Ländern in den vergangenen Wochen und Monaten in Marokko relativ ruhig geblieben. Im Gefolge der Unruhen, die zum Sturz der Regierungen in Ägypten und Tunesien führten, war es zwar auch in vielen marokkanischen Städten zu Protestkundgebungen gekommen.

Seit Februar werden jeden Monats Demonstrationen organisiert. Daran haben sich Zehntausende Marokkaner beteiligt, allerdings in diversen Städten. Die Oppositionellen forderten dabei König Mohammed VI. zu umfassenden politischen Reformen auf. Der Monarch reagierte auch darauf: So sagte er eine Überarbeitung der Verfassung zu, die Mitte des Jahres abgeschlossen werden soll. Vor wenigen Wochen ließ er zudem fast 200 politische Gefangene frei, darunter zahlreiche Islamisten, denen allerdings keine Bluttaten angelastet wurden.

Außerdem kündigte die Regierung kräftige Lohnerhöhungen an, um die soziale Unzufriedenheit einzudämmen, die als Humus der Proteste gilt. Unter anderem wurde den 610.000 Beamten des Königreichs eine Lohnerhöhung von umgerechnet 55 Euro zugesagt. Auch die Renten wurden erhöht.

Ob der Anschlag in irgendeiner Beziehung zu den Protestgruppen steht, war am Donnerstag freilich noch völlig offen. Die Protestbewegung, die größtenteils von jungen Studenten und Menschenrechtlern angeführt wird, war bislang immer friedlich. Auch die Polizei hielt sich bei Demonstrationen weitgehend zurück.

Lediglich im Norden des Landes war es Ende Februar zu Todesfällen gekommen, unklar war seinerzeit, ob diese auf reinen Vandalismus zurückzuführen waren. Der nächste Protestmarsch war für den 1. Mai angekündigt worden. Die Proteste hatten den Tourismuszweig Marokkos und damit eine der Haupteinnahmequellen des Landes hart getroffen. Die 900 000-Einwohner-Metropole Marakkesch gilt mit ihren vielen maurischen Palästen als Marokkos "Perle des Südens".

© SZ vom 29.04.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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