Ukraine-Krieg:Die verstummte Botschafterin

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Botschafterin Anka Feldhusen, hier auf einem Bild vom Dezember 2020. (Foto: Volodymyr Tarasov via www.imago-images.de/imago images/Ukrinform)

Anka Feldhusen war bis zum russischen Überfall die Stimme Deutschlands in Kiew. Warum sie nach der Evakuierung der Vertretung in Urlaub geschickt wurde, verursacht Rätselraten.

Von Daniel Brössler, Berlin

Im Internet ist Anka Feldhusen noch an Ort und Stelle. "Deutschland und die Ukraine verbindet eine enge Freundschaft. Ich freue mich, diese Freundschaft weiter vertiefen und die Ukraine auf ihrem Weg Richtung Europa begleiten zu dürfen", begrüßt die deutsche Botschafterin Besucher der Webseite der deutschen Vertretung. Im wirklichen Leben ist die Botschaft seit dem russischen Überfall auf die Ukraine geschlossen. In der Nacht, in der die Angriffe begannen, wurden die deutschen Diplomaten in Sicherheit gebracht. Sie versehen nun vom polnischen Zamość aus ihren Dienst. Mit Ausnahme allerdings von Anka Feldhusen. Von ihr ist ausgerechnet seit Beginn des russischen Angriffskrieges nichts mehr zu hören.

Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung wurde der Diplomatin von der Leitung des Auswärtigen Amtes (AA) nahegelegt, erst einmal Urlaub zu machen - obwohl dringend Hilfe für die Ukraine und flüchtende Ukrainer koordiniert werden muss. Aus Athen wurde der dortige Botschafter Ernst Reichel nach Zamość beordert, um vorübergehend einzuspringen. Das sorgt für Verwunderung, denn Feldhusen gilt in der Ukraine als exzellent vernetzt, spricht fließend Ukrainisch und ist hoch anerkannt.

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Während des Besuchs von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in Kiew vor drei Wochen dankte ihr Präsident Wolodimir Selenskij in der Pressekonferenz ausdrücklich dafür, dass sie Kiew im Gegensatz zu anderen Diplomaten noch nicht verlassen hatte. "Ich glaube, sie ist nicht nur da, weil Herr Scholz da ist", sagte Selenskij. Auch Scholz dankte für ihr "großartiges Engagement".

Feldhusen hatte sich immer wieder vehement starkgemacht für eine massive Unterstützung der Ukraine. Sie hatte sich auch dafür eingesetzt, möglichst lange in Kiew auszuharren. Von der plötzlichen Evakuierung wurde sie dann offenkundig überrascht. Die Ortskräfte seien zurückgelassen worden, berichtete im Anschluss die Bild-Zeitung. "Wir haben soeben vom AA die Weisung bekommen, in Richtung Lemberg zu verlegen", zitierte sie aus einer E-Mail Feldhusens an die Mitarbeiter. "Sie werden die Botschaft morgen früh verschlossen vorfinden, wenn Sie diese Nachricht bis dahin nicht gelesen haben. Bitte kehren Sie zunächst nach Hause zurück."

Das Auswärtige Amt bestätigte am Sonntag lediglich, dass Feldhusen "während eines kurzen Erholungsurlaubs" von Reichel "vorübergehend vertreten" werde. "Feldhusen ist weiterhin die deutsche Botschafterin für die Ukraine", hieß es weiter. Reichel, der bis 2019 deutscher Botschafter in der Ukraine war, sei nicht offiziell als Botschafter akkreditiert.

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