Gipfel in Panama:Amerika hofft auf ein Händeschütteln

Lesezeit: 4 min

Warten auf den Händedruck: Raúl Castro und Barack Obama bei ihrer Ankunft auf dem Flughafen von Panama-Stadt (Foto: AFP / EPA)
  • Beim Amerika-Gipfel in Panama treffen Staats- und Regierungschefs, Unternehmer und Vertreter der Ziviligesellschaft aufeinander, um über die Zukunft der Neuen Welt zu beraten.
  • Mit Spannung erwartet wird das Zusammentreffen zwischen US-Präsident Barack Obama und seinem kubanischen Kollegen Raúl Castro.
  • Die Beziehungen der einst verfeindeten Länder entspannen sich gerade, Mitte Dezember hatten sie angekündigt, ihre diplomatischen Beziehungen wiederaufzunehmen.
  • Venezuelas Präsident Nicolás Maduro wiederum versucht alles, um die Harmonie zu stören.

Von Boris Herrmann, Panama-Stadt

Das kleine Panama bekommt also großen Besuch. So groß, dass die Gastgeber für ihre zweitägige Veranstaltung noch eben ein neues Flughafen-Terminal eingeweiht haben. Immerhin werden 28 Staats- und Regierungschefs zum Amerika-Gipfel erwartet, von Kanada bis Argentinien, von rechtskonservativ bis altkommunistisch, von diktatorisch bis demokratisch.

Einige der reichsten Unternehmer der westlichen Hemisphäre stehen ebenfalls auf der Gästeliste. Die Multimilliardäre Bill Gates und Carlos Slim zum Beispiel oder der Facebook-Gründer Mark Zuckerberg. Dazu kommen die sogenannten Vertreter der Zivilgesellschaft, Menschenrechtsaktivisten, Globalisierungskritiker, Studenten, Exilkubaner.

Ihr Forum
:Amerika-Gipfel: Neue Verhältnisse in der Neuen Welt?

Vom Aufeinandertreffen Barack Obamas und Raúl Castros beim Amerika-Gipfel in Panama erhoffen sich viele mehr als nur ein Händeschütteln: Eine US-Botschaft in Havanna, die Streichung Kubas von der US-Terrorliste und weitere diplomatische Verhandlungen stehen in Aussicht.

Diskutieren Sie mit uns.

Sie alle wollen am Freitag und Samstag gemeinsam über die Zukunft der Neuen Welt beraten, die inzwischen ja nicht mehr ganz so neu ist und an einigen Stellen dringender Reformen bedarf. Man kann sich auf eine herrlich chaotische Veranstaltung gefasst machen, bei der mit großem Eifer aneinander vorbeidiskutiert wird. Am Ende, das ist keine gewagte Prognose, wird davon ein Foto in Erinnerung bleiben. Darauf wird wohl nichts Spektakuläres zu sehen sein.

Mutmaßlich werden sich nur US-Präsident Barack Obama und sein kubanischer Kollege Raúl Castro die Hand geben und dazu lächeln. Wenn es gut läuft, klapsen sie sich sogar auf die Schultern. Wie man das so macht unter Spitzenpolitikern auf solchen Konferenzen, eine Alltäglichkeit. Im Verhältnis zwischen den USA und Kuba hat sich in den vergangenen 50 Jahren allerdings nicht allzu viel Alltägliches ereignet. Gerade das Gewöhnliche ist hier das Spektakuläre.

Im Dezember gaben Castro und Obama einen politischen Versöhnungskurs bekannt. (Foto: Reuters)

Sicherlich, sie haben es schon einmal getan. Ende 2013 bei der Beerdigung von Nelson Mandela. Damals schritt der US-Präsident die Reihe der trauernden Staatschefs aus aller Welt ab. Neben Dilma Rousseff aus Brasilien stand der jüngere, damals immerhin auch schon 82-jährige Castro-Bruder. Obama hatte gar keine andere Wahl, als ihn kurz zu grüßen. Vielleicht war es ein Versehen, vielleicht eine inszenierte Spontanität, vielleicht der letzte, posthume Erfolg des Friedensstifters Mandela. Der Handschlag erregte jedenfalls weltweites Aufsehen.

Wenn nun am Wochenende in Panama das erste Bild entstehen sollte, auf dem sich ein US-Präsident und ein Castro-Bruder in offizieller Friedensmission begegnen, dann hat das allemal das Zeug dazu, ein Bild für die Ewigkeit zu werden. Das Bild vom Ende des Kalten Krieges in der Karibik.

Den Gipfel aller amerikanischen Staaten gibt es seit mehr als zwanzig Jahren, weder Raúl noch Fidel Castro haben jemals daran teilgenommen. Jahrzehntelang hatten die USA per Veto eine Teilnahme Kubas verhindert. Panama ist nun die Bühne für das erste Treffen zwischen Obama und Castro, seit die beiden Präsidenten Mitte Dezember angekündigt hatten, auf die Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen hinzuarbeiten.

Bei der Beerdigung von Nelson Mandela schüttelten Barack Obama und Raúl Castro einander die Hand. (Foto: Kai Pfaffenbach/Reuters)

Was in Panama genau passiert, bleibt aber spannend. Aus dem Weißen Haus heißt es etwas umständlich, es gäbe keine Pläne für ein bilaterales Treffen, aber die beiden hätten gewiss die Möglichkeit, sich zu treffen.

Doch noch keine US-Botschaft in Havanna

Nicht auszuschließen ist, dass die neue Epoche mit einer kleinen Enttäuschung beginnt. Ursprünglich war geplant, dass Obama anlässlich des Gipfels die Wiedereröffnung einer US-Botschaft in Havanna verkündet. Das erscheint nun eher unwahrscheinlich. Offenbar stehen die Delegationen kurz vor einer Einigung, aber eben nur kurz davor.

Die USA müssen Kuba zunächst von der Liste jener Staaten streichen, die aus ihrer Sicht den Terror unterstützen. Das ist eine der zentralen Forderungen des Castro-Regimes, um sich mit dem großen Nachbarn auszusöhnen. Das US-Außenministerium hat diesen Schritt bereits empfohlen. In Panama wird nun von Obama erwartet, dass er in dieser Hinsicht Fakten schafft.

Andererseits kann Obama nicht alle Druckmittel aus der Hand geben, die er braucht, um von den Kubanern weitere Zugeständnisse zu erzwingen. Streit gibt es etwa um die Frage, ob US-Diplomaten auf Kuba ungehindert mit Systemkritikern sprechen dürfen. Wie heikel das Thema Meinungsfreiheit immer noch ist, zeigte sich am Mittwoch in Panama. Da verließen offizielle Mitglieder der kubanischen Delegation unter Protest ein Gesprächsforum zur Vorbereitung auf den Gipfel, weil auch kubanische Dissidenten anwesend waren. Vor der Tür wurden Schimpfwörter und Ohrfeigen ausgetauscht.

Das von Panamas Organisatoren formulierte Konferenz-Thema lautet: Was muss getan werden, damit der Fortschritt der Region bei allen Menschen ankommt? Das hat angesichts solcher Szenen natürlich ein Aufmerksamkeitsproblem.

Raul Castro gab im kubanischen Fernsehen den neuen Versöhnungskurs bekannt. (Foto: Reuters)

Zu erwarten ist, dass überhaupt nur eine Angelegenheit mit der Kuba-Frage halbwegs mithalten kann: Die Venezuela-Frage. Deutlich schneller als sich Washingtons Beziehung zu Havanna zuletzt verbesserte, hat sich jene Washingtons zu Caracas verschlechtert. Venezuelas Präsident Nicolás Maduro gibt jedenfalls alles, um den historischen Handshake zwischen Obama und Castro zu stören.

Er will in Panama zehn Millionen Unterschriften präsentieren, die er in den vergangenen Wochen - nicht ganz ohne Zwang - von seinen Landsleuten eingesammelt hat. Die Liste richtet sich gegen den US-Präsidenten, der aus Maduros Sicht einen imperialistischen Wirtschaftskrieg gegen sein Land führt.

Venezuelas Präsident versucht alles, den Handshake zu verhindern

Im Ölstaat Venezuela sind die Supermärkte leer, dafür sind die heimlichen Auslandskonten des Regimes voll. Oppositionspolitiker werden bedroht oder verhaftet, von einer Demokratie kann nur noch mit viel gutem Willen die Rede sein. Obama hat diesen guten Willen zuletzt nicht erkennen lassen.

Er erklärte Venezuela zu einer "außerordentlichen Bedrohung für die nationale Sicherheit" der Vereinigten Staaten, sperrte die amerikanischen Konten von sieben hochrangigen Venezolanern. Das könnte ein strategischer Fehler gewesen sein. Etwas Besseres als die Sanktionen von Obama hätte Maduro kaum passieren können. Sie liefern ihm den Vorwand für seine politische Kernthese: Die Yankees sind an allem schuld.

Mehr denn je zuvor werden sich die Teilnehmer des eigentlich zu Aussöhnung gedachten Amerika-Gipfels in zwei Lager spalten, in Freunde Obamas und Freunde Maduros. Da Venezuela immer noch reichlich Öl verschenkt, auf das viele lateinamerikanische Bruderstaaten angewiesen sind, darf sich der US-Präsident auf eine frostige Atmosphäre gefasst machen. Sein Ärger mit Venezuela gefährdet nicht zuletzt die Einigung mit Raúl Castro. Auch dessen "uneingeschränkte Solidarität" erkauft sich Maduro mit Öl. Castro kann sich gar nicht leisten, einfach so den Freundeskreis zu wechseln.

Obamas Strategie gegenüber Iran
:Dem Feind eine Chance

Wieso auf Methoden vertrauen, die seit Jahrzehnten scheitern? US-Präsident Obama setzt im Umgang mit Iran auf Entspannung. Ein Deal im Atomstreit ist ihm wichtig, den will er sich von niemandem kaputt machen lassen. Auch nicht von Netanjahu.

Von Nicolas Richter

Nicolás Maduro wiederum solidarisiert sich, so oft es geht, mit seinem verstorbenen Vorgänger, dem von ihm gottgleich verehrten Hugo Chávez. Der hat allerdings nie Unterschriften gegen Obama gesammelt. Als sich die beiden beim Amerika-Gipfel 2009 in Trinidad und Tobago trafen, sagte Chávez zu Obama: "Quiero ser tu amigo", ich möchte dein Freund sein. Dann schüttelten sie sich kräftig die Hände, das Foto ging damals um die Welt.

© SZ vom 10.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: