Kaum ein Stoff ist so heiß begehrt unter Rauchern in den arabischen Golfstaaten. Pechschwarz, höchste Reinheit, lange Brenndauer: Solche Qualität gibt es nur aus Somalia. Und deswegen kostet die Kohle aus ostafrikanischem Akazienholz, die in den Wasserpfeifen glimmt, mehr als eineinhalbmal so viel wie die eher mittelmäßige Ware etwa aus dem Sudan.
Nur wenige der Shisha-Raucher dürften zwischen ihren genüsslichen Zügen einen Gedanken daran verschwenden, was genau da unter ihrem Apfel- oder Pfirsichtabak glüht: ein Konfliktstoff, der Tausende Kilometer weiter südlich, jenseits des Golfs von Aden, einer Islamistenarmee am Horn von Afrika seit Jahren ihren Kampf finanziert.
Holzkohle ist nach wie vor eine der wichtigsten Einnahmequellen für die somalische Al-Shabaab-Miliz, die mit dem globalen Terrornetzwerk al-Qaida verbündet ist. Allen Gegenmaßnahmen der internationalen Gemeinschaft zum Trotz.
Die Miliz verdient am Kohlehandel, indem sie Steuern bei den Produzenten eintreibt
Vor zwei Jahren verboten die Vereinten Nationen den Export von Holzkohle aus Somalia, in der Hoffnung, dadurch den Rebellen einen Geldhahn abzudrehen. Doch die Sanktionsdrohungen haben bislang wenig Wirkung gezeigt: Der Stoff wird weiter im großen Stil über den Golf von Aden verschifft, oft in den für die Region typischen kleinen, Dhow-Segelschiffen, und in die Golfstaaten offenbar recht reibungslos mit falschen Papieren eingeführt. Einem neuen Bericht der UN-Beobachtergruppe für Somalia und Eritrea zufolge sind die Einnahmen von al-Shabaab aus dem Holzkohlehandel seit Inkrafttreten des Embargos 2012 sogar gestiegen: Ware für mindestens 250 Millionen Dollar wurde seither auf die arabische Halbinsel verschifft. Etwa ein Drittel davon dürfte al-Shabaab kassieren, indem die Gruppe "Steuern" bei Produzenten und Zwischenhändlern erhebt. Das ist die konservative Schätzung; die Verfasser des UN-Berichts räumen ein, es könnte in Wahrheit "wesentlich mehr sein", da man sicher bei Weitem nicht alle Transporte aufgespürt habe.
Der UN-Sicherheitsrat hat daraufhin im Oktober verstärkte Kontrollen von Schiffen auf dem Meer vor Somalia beschlossen, um das geltende Embargo für Waffen und Holzkohle "strikt" durchzusetzen. David Pressman, stellvertretender US-Botschafter bei den Vereinten Nationen, erklärte, der Beschluss ziele auf einige der "schwerwiegendsten Ursachen für Instabilität und Unsicherheit in Somalia".
Das Land am Horn von Afrika ist bis heute eine Staatsruine: 1991 stürzten Rebellen den Diktator Siad Barre, und seither kämpfen Warlords verschiedenster Couleur unerbittlich um die Macht im Lande - und um das wirtschaftliche Potenzial der Region. Die international am meisten gefürchtete Rebellengruppe ist al-Shabaab: Zwar haben Truppen der UN-gestützten Zentralregierung die Islamisten gemeinsam mit Einheiten aus anderen afrikanischen Staaten 2011 aus der Hauptstadt vertrieben, dennoch kontrollieren sie noch immer weite Teile des Landes, vor allem in der Mitte und im Süden.