Maas zu Afghanistan:"Es führt überhaupt kein Weg vorbei an Gesprächen mit den Taliban"

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Will die verwaiste deutsche Botschaft in Kabul so bald wie möglich wieder besetzen: Außenminister Heiko Maas. (Foto: HAMAD I MOHAMMED/REUTERS)

Bundesaußenminister Maas betont jedoch, dass es derzeit nicht um die Frage der völkerrechtlichen Anerkennung der Taliban-Herrschaft gehe - sondern um "die Lösung ganz praktischer Probleme".

Von Daniel Brössler, Doha

Nach dem Rückzug der letzten US-Soldaten aus Afghanistan rückt immer stärker der künftige Umgang mit den Taliban in den Blickpunkt. "Es führt überhaupt kein Weg vorbei an Gesprächen mit den Taliban", sagte Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) zum Abschluss einer der Afghanistan-Krise gewidmeten viertägigen Reise durch fünf Staaten in Doha. In der Hauptstadt Katars bündeln sich derzeit die diplomatischen Kontakte zu den Taliban. Aus Kabul haben alle westlichen Staaten ihre Diplomaten abgezogen. Zwischen ihnen laufen derzeit Gespräche über ein gemeinsames Vorgehen. Am Mittwoch beriet sich Maas in Doha mit der niederländischen Außenministerin Sigrid Kaag.

Die Kontakte zu den Taliban seien zum einen wegen praktischer Fragen wie des zivilen Weiterbetriebs des Flughafens in Kabul nötig, sagte Maas am Vorabend nach einem Gespräch mit dem Außenminister Katars, Scheich Mohammed bin Abdulrahman Al-Thani. Zum anderen gelte das aber auch, "weil wir uns Instabilität in Afghanistan schlichtweg überhaupt nicht leisten können, denn sie würde den Terrorismus begünstigen und sich auch massiv auf die Nachbarstaaten Afghanistans auswirken".

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Bisher hält der deutsche Diplomat Markus Potzel von Doha aus Kontakt zu den Taliban. Die verwaiste deutsche Botschaft in Kabul will Maas baldmöglichst wieder besetzen. "Wenn es politisch möglich wäre und wenn die Sicherheitslage es erlaubt, dann sollte auch Deutschland in Kabul wieder eine eigene Botschaft haben", sagte er. Es gebe ein "großes Bedürfnis nach diplomatischer Präsenz, weil wir eben auch viele Themen in Afghanistan haben". Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte am Dienstag gesagt, dass es Gespräche mit Ländern wie Frankreich, Großbritannien, den Niederlanden und Italien über eine diplomatische Präsenz in Kabul gebe, um "kontinuierliche Gesprächskontakte mit den Taliban aufbauen zu können".

Deutlich wurde dabei aber der derzeitige Spagat zwischen dem Bedürfnis nach Kontakt zu den Taliban und der Sorge, sie übereilt zu legitimieren. Maas betonte, dass es derzeit nicht um die Frage der völkerrechtlichen Anerkennung der Taliban-Herrschaft gehe. "Es geht um die Lösung ganz praktischer Probleme", sagte er.

Den Taliban müsse deutlich gemacht werden, "was wir von ihnen erwarten, wo die Grenzen liegen, dass sie nicht an ihren Worten, sondern dass sie an ihren Taten gemessen werden", forderte Maas. So erwarte man etwa die Einhaltung von Frauenrechten und die Bildung einer "inklusiven" Regierung. Katar, das seit vielen Jahren Kontakt zu den Taliban hält, wirbt für direkte Gespräche. "Isolation ist keine Antwort. Aber Anerkennung ist derzeit keine Priorität für uns", sagte Außenminister Al-Thani. Kontakte könnten zu "positiven Resultaten" führen. Am Dienstag hatte auch der pakistanische Außenminister Mehmood Quereshi bei Maas dafür geworben, den Taliban einen "Vertrauensvorschuss" zu geben.

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