Afghanistan:Taliban stellen Ultimatum für Evakuierung

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Chaostage im August 2021: ein Evakuierungsflug der Bundeswehr aus Kabul. (Foto: Handout/Bundeswehr via Getty Images)

Während westliche Staaten einen späteren Truppenabzug aus Kabul erwägen, lehnen die Islamisten dies ab. Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer knüpft ihr politisches Schicksal an den Einsatz.

Von Paul-Anton Krüger, München

Die internationale Evakuierungsmission westlicher Staaten aus Afghanistan wird weiter durch die schwierige Sicherheitslage am Flughafen von Kabul behindert. In der Nacht zum Montag war es am Nordtor des vom US-Militär kontrollierten Flughafens zu einem Feuergefecht gekommen, an dem auch Bundeswehr-Soldaten beteiligt waren, wie das Einsatzführungskommando mitteilte. Laut dem US-Nachrichtensender CNN hatte ein Scharfschütze auf afghanische Soldaten gefeuert, die westliche Truppen bei der Sicherung des Areals unterstützen. Daraufhin hatten diese sowie Soldaten der US-Armee und der Bundeswehr das Feuer erwidert. Die Lage sei wieder unter Kontrolle, hieß es.

Unklar ist bislang, wer für den Angriff verantwortlich ist, bei dem ein Afghane getötet und drei weitere verwundet wurden. Die USA hatten vor Anschlägen der Terrormiliz Islamischer Staat am Flughafen gewarnt und die auf Rettungsflüge wartenden Menschen gebeten, nur nach individueller Aufforderung zum Flughafen zu kommen. Dessen ungeachtet flogen die USA von Sonntagmorgen bis Montagmorgen weitere 10 400 Menschen aus Kabul aus, andere Staaten der westlichen Allianz weitere 5900 Menschen. Das ist die bislang höchste Zahl binnen 24 Stunden. Die Bundeswehr hat laut Verteidigungsministerium etwa 3000 Personen in Sicherheit gebracht.

"Was immer da vor Ort passiert: Ich halte den Kopf hin", sagte Kramp-Karrenbauer

Weil der Zugang zum Flughafen immer schwieriger wird, sind übereinstimmenden Berichten nach inzwischen Elitesoldaten des Kommandos Spezialkräfte (KSK) auch außerhalb des Geländes im Einsatz. Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) sagte, wegen der schwierigen Lage "müssen wir sehr viel stärker dazu übergehen, die Leute sozusagen abzuholen. Das tun wir." Kramp-Karrenbauer kündigte ebenfalls an, die politische Verantwortung für den Bundeswehreinsatz in Kabul zu übernehmen. "Was immer da vor Ort passiert: Ich halte den Kopf hin", sagt sie am Montag bei Bild-TV.

Großbritanniens Premierminister Boris Johnson will bei US-Präsident Joe Biden bei einer für diesen Dienstag geplanten Videoschalte der G-7-Staats- und Regierungschefs eine Verlängerung des Einsatzes erreichen. Eine Fortsetzung ohne die USA sei allerdings nicht denkbar, sagte Verteidigungsminister Ben Wallace. So einer Verlängerung wollen die Taliban allerdings nicht zustimmen. Die für den 31. August festgesetzte Frist sei eine "rote Linie", sagte Suhail Schahin, ein Mitglied der Taliban-Delegation in Doha, der Hauptstadt des Golfemirats Katar.

"So lange wir die Chance haben, werden wir so viele Menschen ausfliegen, wie wir nur können", betonte Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) am Montag. Das Zeitfenster werde aber "nicht unbegrenzt" offen stehen. Man spreche daher mit den USA, der Türkei, aber auch den Taliban über einen zivilen Weiterbetrieb des Flughafens. Außerdem wolle man früheren Ortskräften auch die Ausreise über den Landweg ermöglichen. Darüber habe er mit seinen Kollegen aus Usbekistan, Tadschikistan, Pakistan und Indien gesprochen. Die deutschen Botschaften in diesen Nachbarstaaten Afghanistans seien angewiesen, "schnell und unkompliziert" Visa auszustellen.

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