Abzug aus Afghanistan:US-Generäle widersprechen Biden

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Die beiden Top-Generäle Mark Milley (r.) und Kenneth McKenzie (l.) auf dem Weg in die Anhörung vor dem US-Senat. Sie hätten den Abzug aus Afghanistan stärker abgesichert, sagen sie. (Foto: Alex Wong/afp)

Der US-Präsident hatte gesagt, "niemand" habe ihm empfohlen, etwa 2500 Soldaten bis zum vollständigen Abzug aus Afghanistan im Land zu lassen. In einer Anhörung vor dem US-Senat haben zwei Generäle eine andere Erinnerung.

Oberste US-Militärs haben Angaben von US-Präsident Joe Biden zum Truppenabzug aus Afghanistan widersprochen. In einer Anhörung im US-Senat am Dienstag sagten Generalstabschef Mark Milley und General Kenneth McKenzie, der zuständige US-Kommandeur für die Region, sie persönlich hätten es für besser gehalten, 2500 US-Soldaten in Afghanistan zu lassen. Beide wollten sich nicht dazu äußern, was sie dem Präsidenten im vertraulichen Gespräch geraten hätten.

McKenzie machte aber klar, seine persönliche Einschätzung sei in seine Empfehlung an den Präsidenten eingeflossen. Milley betonte, er habe bereits im Herbst 2020 vor einem zu schnellen Truppenabzug gewarnt - und sei bis heute dabei geblieben. Biden hatte hingegen Mitte August, kurz nach dem Fall Kabuls, dem Fernsehsender ABC gesagt, "niemand" seiner militärischen Berater habe ihm empfohlen, 2500 Soldaten in Afghanistan zu lassen.

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Al-Qaida-Angriffe auf die USA seien denkbar, heißt es bei einer Anhörung im Senat. Verteidigungsminister Lloyd Austin räumt Fehler ein. In Kabul kollabiert die Wirtschaft, der Bevölkerung droht eine Hungersnot.

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Die Aussagen aus der Anhörung stehen im Widerspruch dazu. McKenzie sagte, er werde nicht offenlegen, welche Empfehlung er dem Präsidenten gegeben habe. Er schob allerdings nach: "Aber ich sage Ihnen meine ehrliche Meinung, und meine ehrliche Meinung und Sichtweise haben meine Empfehlung geprägt."

Milley: "Meine Einschätzung ist bis heute gleich"

Milley schloss sich der Einschätzung an. Auch er habe bereits im Herbst 2020 davor gewarnt, dass ein zu schneller Abzug der Truppen aus Afghanistan die Gefahr einer "vollständigen Übernahme durch die Taliban" berge oder zu einem "allgemeinen Bürgerkrieg" führen könnte. "Das war vor einem Jahr, und meine Einschätzung ist bis heute gleich geblieben", sagte er.

Die Sprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki, wies den Vorwurf zurück, Biden habe die Öffentlichkeit darüber in die Irre geführt, was hochrangige Militärs ihm geraten hätten. Es habe verschiedene Standpunkte gegeben, und das habe der Präsident auch klar gemacht.

Die letzten US-Truppen hatten Afghanistan Ende August verlassen. Damit endete der internationale Militäreinsatz in dem Land nach fast 20 Jahren - und auch die militärische Evakuierungsmission für westliche Staatsbürger und schutzbedürftige Afghanen. Die Taliban hatten Mitte August die Macht in Kabul übernommen. Der internationale Abzug wurde mit ihrem rasanten Eroberungsfeldzug erschwert und gestaltete sich chaotisch. Insgesamt stieß der Afghanistan-Abzug der Amerikaner international auf Kritik und Unverständnis.

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