Kölner Verwaltungsgericht:Verfassungsschutz darf AfD vorerst nicht als Verdachtsfall einstufen

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AfD-Logo im Bundestag (Foto: Omer Messinger/Getty Images)

Alles spreche dafür, dass das Bundesamt sorglos mit Informationen zur Einstufung der AfD umgegangen sei, so das Kölner Gericht. Geheimdienstliche Beobachtungen von Parteimitgliedern sind damit zunächst untersagt.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf die AfD bis zum Abschluss eines Eilverfahrens vor dem Kölner Verwaltungsgericht nicht als rechtsextremistischen Verdachtsfall einordnen und beobachten. Das geht aus einem Beschluss des Gerichts vor, der den Prozessbeteiligten am Freitag zugestellt wurde. Der Präsident des Bundesamts, Thomas Haldenwang, hatte die Verfassungsschützer der Länder diese Woche intern über eine Hochstufung der Partei zum Verdachtsfall informiert, öffentlich jedoch nichts dazu bekanntgegeben. Als später Medienberichte über die neue Einschätzung der AfD durch das Bundesamt veröffentlicht wurden, nahm die Kölner Behörde dazu nicht Stellung.

Das Verwaltungsgericht teilte zu der Entscheidung mit, dass es einem Antrag der AfD stattgegeben habe. Zu Begründung erklärte das Gericht, es werde "in unvertretbarer Weise" in die Chancengleichheit politischer Parteien eingegriffen. "Alles" spreche dafür, dass sich das Bundesamt für Verfassungsschutz nicht an seine sogenannte "Stillhaltezusagen" gehalten, beziehungsweise nicht "hinreichend dafür Sorge getragen" habe, dass keine Informationen zu dem Verfahren nach außen drängen.

Hintergrund ist ein früherer Antrag der AfD, in dem die rechtspopulistische Partei bereits Ende Januar eine einstweilige Anordnung gefordert hatte, die dem Verfassungsschutz die Einstufung als "extremistische Bestrebung" und die Beobachtung untersagen sollte. Der Verfassungsschutz hatte in dem Verfahren zugesagt, bis zu einer Entscheidung auf den Einsatz von nachrichtendienstlichen Mitteln zum Ausspähen von Abgeordneten und Kandidaten der AfD zu verzichten. Für einfache Mitglieder galt diese Zusage allerdings nicht. Außerdem wollte die AfD mit dem Antrag erreichen, dass der Verfassungsschutz seine Einschätzung nicht veröffentlichen darf.

Die Richter lehnten damals den Wunsch der AfD ab, dem Verfassungsschutz sofort die Einstufung als Verdachtsfall und die Beobachtung zu verbieten. Sie verbanden dies mit einer "Stillhaltezusage" des Verfassungsschutzes. Das heißt, die Beobachtung der Partei sollte nicht öffentlich bekannt werden. Für die Richter steht nach den Medienberichten jedoch fest, dass der Geheimdienst verantwortlich dafür ist, dass die Einstufung der AfD als Extremismus-Verdachtsfall "durchgestochen" wurde.

"Ein Inlandsgeheimdienst, der nichts geheim halten kann", spottete der AfD-Vorsitzende Jörg Meuthen. Der Co-Vorsitzende Tino Chrupalla sprach von einem "gezielten Eingriff in den Parteienwettbewerb mit staatlichen Mitteln" unmittelbar vor den Mitte März anstehenden Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland Pfalz. Gegen den Beschluss können die Beteiligten vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster Beschwerde einlegen.

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