Berlin:Tegel-Zukunft: Heftiger Schlagabtausch im Abgeordnetenhaus

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Berlin (dpa/bb) - Wenige Tage vor dem Volksentscheid zur Zukunft des Berliner Flughafens Tegel haben sich Regierungs- und Oppositionsfraktionen im Abgeordnetenhaus einen heftigen Schlagabtausch geliefert. SPD, Linke und Grüne warfen den anderen Parteien Unehrlichkeit vor und unterstrichen, dass es für die Schließung des alten Airports nach der Eröffnung des neuen Hauptstadtflughafens BER keine Alternative gebe. CDU, AfD und FDP warben hingegen für die Offenhaltung Tegels, weil die Stadt den Flughafen wegen steigenden Passagieraufkommens brauche.

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Berlin (dpa/bb) - Wenige Tage vor dem Volksentscheid zur Zukunft des Berliner Flughafens Tegel haben sich Regierungs- und Oppositionsfraktionen im Abgeordnetenhaus einen heftigen Schlagabtausch geliefert. SPD, Linke und Grüne warfen den anderen Parteien Unehrlichkeit vor und unterstrichen, dass es für die Schließung des alten Airports nach der Eröffnung des neuen Hauptstadtflughafens BER keine Alternative gebe. CDU, AfD und FDP warben hingegen für die Offenhaltung Tegels, weil die Stadt den Flughafen wegen steigenden Passagieraufkommens brauche.

Regierungschef Michael Müller (SPD) wies in einer kämpferischen Rede darauf hin, dass die BER-Eröffnung an die Schließung Tegels gekoppelt sei. Diese gerichtlich bestätigte Vereinbarung der Länder Berlin und Brandenburg sowie des Bundes wieder ändern zu wollen, hätte nach seiner Einschätzung „einen jahrelangen, rechtlich hochriskanten Irrweg“ zur Folge. Müller griff die FDP als Initiator des Volksentscheids und die CDU scharf an: „Sie hetzen die Berlinerinnen und Berliner in eine Abstimmung und wissen genau, dass das Berlin gar nicht alleine entscheiden kann.“

Müller brachte noch weitere Argumente für eine Tegel-Schließung vor: „Es geht auch darum, 300 000 Menschen in Berlin von Lärm und Gefahren zu entlasten“, sagte er. Zudem biete das Tegel-Areal große Zukunftschancen für die Stadt. Dort seien 9000 Wohnungen, ein Wissenschaftsstandort und Erholungsflächen geplant.

Die Fraktionschefs der Koalition, Raed Saleh (SPD), Udo Wolf (Linke) und Antje Kapek (Grüne), ritten in der Endphase des Wahlkampfs scharfe Attacken vor allem gegen FDP und CDU. Saleh sagte, beide missbrauchten das Instrument des Volksentscheids für ihre eigenen politischen Ziele. „Das schadet der Demokratie in unserem Land.“

Auch den Oppositionsparteien müsse klar sein, dass eine Offenhaltung Tegels keine Option sei, „weil zu viele Menschen unter dem Flugbetrieb leiden“. „Tegel wird geschlossen, sobald der BER eröffnet ist“, sagte Saleh. „Diese Frage ist entschieden, und zwar von den deutschen Gerichten.“ Wer dies vor dem Volksentscheid verschweige, mache sich des „Betrugs an der Bevölkerung“ schuldig.

Wolf warf der Opposition „billige wahltaktische Manöver“ vor. „Das ist nicht verboten, aber man darf es abstoßend finden, es ist unseriös und politisch verantwortungslos.“ Nach heutigen Standards sei TXL nicht mehr genehmigungsfähig. „Der Flughafen Tegel ist juristisch tot“, sagte Wolf. Das wisse auch die Opposition.

Wie Wolf griff auch Kapek die CDU scharf an, die lange für die Tegel-Schließung war und sich jüngst nach einem Mitgliederentscheid auf die Seite der Tegel-Befürworter schlug. „Die CDU ist der größte Wendehals ever“, sagte sie. „Egal, wie viel Geld, Zeit und Mühe man investieren würde: Tegel in dieser Form ist nicht mehr zu retten“, ergänzte Kapek. „Wer Tegel wirklich neu denken will, muss den Flugbetrieb einstellen und Platz für Neues schaffen.“

CDU-Fraktionschef Florian Graf warb für den Weiterbetrieb des alten Airports. „Der Volksentscheid bietet die Chance, die Flughafenpolitik an den Bedürfnissen einer wachsenden Stadt neu auszurichten“, sagte er. Bis heute gebe es kein schlüssiges Flugverkehrskonzept für Berlin. Der SPD warf Graf „Überheblichkeit“ vor, weil sie wie Linke und Grüne an der Tegel-Schließung festhalten will. „Die Bürger entscheiden, das muss man respektieren“, so Graf.

Der AfD-Politiker Frank-Christian Hansel wollte das Argument, an der Tegel-Schließung sei rechtlich nicht mehr zu rütteln, nicht gelten lassen. „Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.“ Hansel forderte die Einsetzung eines Sonderausschusses im Parlament, um „ergebnisoffen“ über ein Luftverkehrskonzept für Berlin zu beraten.

FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja sagte: „Der Luftverkehr ist eines der entscheidenden Themen, wenn es um die Zukunft unserer Stadt geht. Eine Politik, die sich vor den Herausforderungen der Zukunft verweigert, kapituliert vor der Zukunft.“ Czaja forderte die Berliner auf, beim Volksentscheid „auf ihr Herz“ und „ihren Verstand“ zu hören und für den Weiterbetrieb Tegels zu votieren. „Für eine funktionierende Stadt stimmt man am 24.9. mit Ja.“

Der Volksentscheid am Tag der Bundestagswahl ist rechtlich nicht verbindlich, weil nicht über einen konkreten Gesetzentwurf abgestimmt wird. Umfragen sahen zuletzt die Tegel-Befürworter vorn.

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