Berlin:Resolution gegen Intoleranz: FDP sorgt für Empörung

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Berlin (dpa/bb) - Gut eine Woche nach dem Angriff auf einen jungen Israeli in Berlin hat das Abgeordnetenhaus ein Zeichen gegen Hass und Intoleranz, für Menschenwürde und Religionsfreiheit gesetzt. In einer am Donnerstag einstimmig beschlossenen Entschließung unterstreicht das Parlament das Recht aller Bürger, "ihre religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisse ungestört, ohne Angst vor Verfolgung oder Gewalt auch öffentlich zu leben". Die Zunahme von Intoleranz und Hass gebe Anlass zur Sorge. "Auf Berlins Straßen müssen sich Menschen ohne Angst bewegen können, selbstverständlich auch, wenn ihre Glaubensüberzeugung - ob durch Kippa, Kreuz oder Kopftuch - sichtbar ist."

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Berlin (dpa/bb) - Gut eine Woche nach dem Angriff auf einen jungen Israeli in Berlin hat das Abgeordnetenhaus ein Zeichen gegen Hass und Intoleranz, für Menschenwürde und Religionsfreiheit gesetzt. In einer am Donnerstag einstimmig beschlossenen Entschließung unterstreicht das Parlament das Recht aller Bürger, „ihre religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisse ungestört, ohne Angst vor Verfolgung oder Gewalt auch öffentlich zu leben“. Die Zunahme von Intoleranz und Hass gebe Anlass zur Sorge. „Auf Berlins Straßen müssen sich Menschen ohne Angst bewegen können, selbstverständlich auch, wenn ihre Glaubensüberzeugung - ob durch Kippa, Kreuz oder Kopftuch - sichtbar ist.“

Das Parlament verurteilte in der Entschließung nicht nur die Attacke auf den Israeli. Gleiches gelte für Gewaltaufrufe aus konservativen muslimischen Kreisen gegen die Gründerin einer liberalen Moschee, Seyran Ates, sowie Angriffe auf Moscheen wie den bislang nicht aufgeklärten Brandanschlag in Reinickendorf Mitte März.

Daran stieß sich offensichtlich der FDP-Abgeordnete Marcel Luthe, der mit seiner Rede in der Debatte über die Resolution für breite Empörung sorgte. Auch seine eigene Fraktion klatschte keinen Beifall.

Er sprach von einer „Nivellierung der nationalsozialistischen Verbrechen, die mit einigen Formulierungen in diesem Antrag betrieben wird“, einer „Gleichsetzung von Angriffen auf Juden mit irgendwelchen anderen Angriffen auf Menschen in Deutschland“ und von einem „In-einen-Topf-Schmeißen von Verbrechen gegen die Juden mit irgendetwas anderem“. Dies widerspreche der Staatsräson, wonach Deutschland vor dem Hintergrund des Holocaust eine besondere Verantwortung für die Entfaltung jüdischen Lebens trage.

Auf eine Zwischenfrage des SPD-Politikers Torsten Schneider, welche Show er hier abziehe, antwortete Luthe: Ich verhindere, Herr Kollege Schneider, dass Sie und ihre Fraktion, insbesondere auch die sozialistischen Gruppierungen, die Regionalsozialisten in Ihren Reihen, dass die eine Show abziehen, und versuchen, die Verbrechen an den Juden in diesem Land mit irgendetwas anderen gleichzusetzen.

Politiker von SPD, Linke, Grünen und CDU zeigten sich angesichts der Äußerungen Luthes entsetzt, es gab Kopfschütteln und Zwischenrufe. „Was Sie hier getan haben, ist wirklich in höchstem Maße beschämend für dieses Haus“, sagte Linke-Fraktionschef Udo Wolf an die Adresse Luthes.

„Weil wir wissen, dass es eine historische Singularität des Völkermordes an den Juden gibt, und weil wir wissen, welche besondere Verantwortung wir in Berlin und in diesem Hause dafür tragen, gegen jede Form von Antisemitismus einzutreten, deshalb haben wir eine Entschließung gemeinsam versucht, hier zu erarbeiten, zu verabreden“, so Wolf im Plenum. „Das wissen Sie. Und wenn Sie sich jetzt hier hinstellen und sagen, das sei von langer Hand geplant in der Textformulierung, um in irgendeiner Weise den Holocaust zu relativieren, ist das eine unglaubliche Frechheit.“

Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Ich bin fassungslos über das Agieren der FDP.“ Auch in der CDU-Fraktion zeigte man sich irritiert. „Dass der FDP-Politiker Luthe in seiner Rede zum gemeinsamen Antisemitismus-Antrag das Abgeordnetenhaus in die Nähe des Holocaust gerückt hat, ist unverschämt und daneben“, hieß es dort.

FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja hätte aus Sicht der CDU klarstellend einschreiten müssen. „Dass dies nicht erfolgt ist und ein Abgeordneter gegen die Meinung der eigenen Kollegen argumentieren darf, ist Führungsversagen, das bei einem so sensiblen Thema rufschädigend ist für unsere freie, tolerante Stadt.“

Anlass für die Resolution, der dann auch Luthe zustimmte, ist ein Vorfall im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg am 17. April: Ein 21-jähriger Israeli und sein Freund waren von drei arabisch sprechenden Männern antisemitisch beschimpft worden. Einer hatte auf den 21-Jährigen mit einem Gürtel eingeschlagen. Der mutmaßliche Täter, ein Palästinenser aus Syrien, der seit 2015 in Deutschland lebt, ist in Untersuchungshaft. Am Mittwoch hatten 2500 Menschen unter dem Motto „Berlin trägt Kippa“ gegen Antisemitismus demonstriert.

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