3 G im Nah- und Fernverkehr:Wer soll das alles kontrollieren?

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Und was sollen Zugbegleiter tun, wenn Fahrgäste die 3-G-Nachweise einfach verweigern? (Foto: Jochen Eckel /Imago)

Verkehrsbetreiber und Fahrgastverband reagieren verhalten auf den Vorschlag der Ampel-Koalitionäre, die 3-G-Regel im öffentlichen Nah- und Fernverkehr einzuführen.

Von Maximilian von Klenze, München

Die steigende Inzidenz zwingt die Ampel-Koalition in spe, weitere Möglichkeiten auszuloten, um die Pandemie zu bändigen. SPD, Grüne und FDP hatten am Montag eine flächendeckende 3-G-Regelung in Bus und Bahn vorgeschlagen. "Wer ein öffentliches Verkehrsmittel nutzt, muss dann entweder geimpft, genesen oder getestet sein", heißt es in dem Entwurf zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes, den der Bundestag am Donnerstag beschließen soll.

Die Reaktionen auf den Vorstoß sind verhalten. Die Verkehrsbetreiber stehen der Idee eher skeptisch gegenüber. Lars Wagner vom Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) sagte der SZ, die Branche sei zwar bereit, ihren Teil beizutragen, um die Pandemie einzudämmen, aber die flächendeckende Kontrolle von 3G in Bussen und Bahnen sei zumindest im Nahverkehr nicht ohne Weiteres umsetzbar: "Man schafft damit eine Erwartungshaltung bei den Fahrgästen, die so nicht zu erfüllen ist." Die Verkehrsunternehmen seien nicht in erster Linie verantwortlich, die 3-G-Regeln bei täglich 15 Millionen Fahrgästen zu kontrollieren, "sondern einen auch unter Pandemiebedingungen sicheren und zuverlässigen Bus- und Bahnbetrieb aufrechtzuerhalten", so Wagner. Im Schnitt hielten sich Fahrgäste für nur 15 Minuten in - durch die vielen Stopps - gut gelüfteten Fahrzeugen auf.

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Der Fahrgastverband Pro Bahn kritisierte die Pläne deutlich: "3-G-Regelungen in Bahnen klingen zwar vernünftig, sind in der Praxis aber nicht kontrolliert umsetzbar", sagte der Ehrenvorsitzende des Verbands, Karl-Peter Naumann, der Funke Mediengruppe. "Eine Kontrolle funktioniert vielleicht in Nachtzügen, weil die Fahrgäste sich dort vor der Fahrt einchecken." Doch in S-Bahnen oder Regionalbahnen sei die Fahrgastfrequenz zu hoch und die Fahrtzeiten seien zu kurz, um nachhaltig zu kontrollieren. Die Praxis des Maskentragens und Abstandhaltens sei dort angemessen. Reisende vor Betreten der Bahnhöfe oder Züge zu kontrollieren, könne zu Verspätungen und Warteschlangen führen, was wiederum eine Infektionsgefahr bedeute.

Die Androhung hoher Bußgelder verpufft, wenn keiner sie verhängt

Und wie sähe es auf längeren Reisen im Fernverkehr aus? Detlef Neuß vom Fahrgastverband Pro Bahn hält hier stichprobenartige Kontrollen von Impfnachweisen oder Tests durch die Zugbegleiter für durchaus denkbar. Allerdings steige dann der Arbeits- und Personalaufwand für die Betreiber. "Mit dem bestehenden Personal wird das nicht zu leisten sein", sagte Neuß der Süddeutschen Zeitung. Sollten die Pläne nicht zum Papiertiger werden, müsse hier aufgestockt werden. Nach Ansicht von Neuß schleife es sich außerdem schnell ab, hohe Bußgelder anzukündigen, aber nicht zu kontrollieren.

Eine vielversprechende Lösung bestehe möglicherweise darin, den digitalen Check-in durch die Fahrgäste selbst zu einem Impf-Check-in weiterzuentwickeln. Wenn möglichst viele geimpfte Reisende diese Option nutzten, wären Ungeimpfte und Ungetestete viel leichter zu identifizieren. Im Fernverkehr stelle sich zudem die Frage, wie die Zugbegleiter mit Ungeimpften umgehen sollten. Auf ICE-Strecken, etwa zwischen Hamburg und Berlin, gibt es keinen Zwischenhalt, um Nichtgeimpfte aussteigen zu lassen.

Lars Wagner vom VDV macht auf ein weiteres Problem aufmerksam: Zugbegleiter hätten gegenüber Fahrgästen, die sich einer Kontrolle verweigern, gar keine Handhabe. In solchen Fällen müsste die Bundespolizei eingesetzt werden. Die Erfahrung mit Maskenverweigerern zeige zudem, dass es häufig zu heftigeren Auseinandersetzungen komme.

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