Hitzacker (Elbe):Hitzackers Altstadt: Idyll mit Hochwassergefahr

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Hitzacker (dpa/lni) - Bunte Fachwerkhäuser, davor Stockrosen und Gassen mit Kopfsteinpflaster - und das auch noch direkt am Wasser. Die Altstadt von Hitzacker liegt an der Elbe, eingerahmt wird sie von zwei Armen der kleinen Jeetzel. Doch die scheinbar idyllische Lage hat nicht nur das Stadtinsel genannte Areal wiederholt in Gefahr gebracht. Mehrfach haben Hochwasser die Altstadt getroffen, zuletzt überschwemmt wurde sie 2006. Dann kamen Schutzanlagen, die selbst den Rekordfluten von 2013 standhielten - auch wenn damals an der Spundwand nicht viel gefehlt hat. Sogenannte Jahrhunderthochwasser gab es hier seit 2002 gleich mehrere.

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Hitzacker (dpa/lni) - Bunte Fachwerkhäuser, davor Stockrosen und Gassen mit Kopfsteinpflaster - und das auch noch direkt am Wasser. Die Altstadt von Hitzacker liegt an der Elbe, eingerahmt wird sie von zwei Armen der kleinen Jeetzel. Doch die scheinbar idyllische Lage hat nicht nur das Stadtinsel genannte Areal wiederholt in Gefahr gebracht. Mehrfach haben Hochwasser die Altstadt getroffen, zuletzt überschwemmt wurde sie 2006. Dann kamen Schutzanlagen, die selbst den Rekordfluten von 2013 standhielten - auch wenn damals an der Spundwand nicht viel gefehlt hat. Sogenannte Jahrhunderthochwasser gab es hier seit 2002 gleich mehrere.

Das Leben direkt an der Elbe habe zwei Seiten, sagt Bürgermeister Holger Mertins, er wohnt mit seiner Familie selbst in der Altstadt. „Das Leben am Strom ist immer interessant und lockt auch viele Touristen“, meint der 57-Jährige. „So locken wir mit unserem neuen Jachthafen nicht nur Freizeitkapitäne, sondern auch „Sehleute“, freut er sich. „Andererseits ist der Fluss aber auch eine Gefahr für die Inselbewohner und die Menschen am Deich“, sagt Mertins. „Man gewöhnt sich daran ein wenig, aber es bleibt beängstigend, wenn das Wasser kommt. Wenn evakuiert werden muss, ist man machtlos und kann nur noch abwarten und zuschauen.“

„2002 war am schlimmsten, da war die ganze Region betroffen“, erinnert sich Peter Wieczorek. Der 75-Jährige ist Hotelier und Vorsitzender des örtlichen Tourismusvereins, sein Hotel liegt weiter oben am Hang, da sind die Gäste bei Hochwasser sicher. An einigen Stellen unten in der Altstadt kann man aber noch die Wasserstände erkennen. An einer Hauswand liegt ein Kanu - 2002 und 2006 hätten seine Besitzer in der Straße paddeln können, doch heute ist nur wenig Wasser im Fluss. Zwei Rotmilane drehen an diesem warmen Sommertag rund 80 Flusskilometer vor Hamburg ihre Runden über der Elbe, für die Binnenschiffer ist sie hier derzeit viel zu flach.

„Die Anlage hat sich jetzt schon bei zwei Hochwassern bewährt, 2011 und 2013“, sagt Mertins. Auch sonst profitiere Hitzacker von der Spundwand und den drei gewaltigen Pumpen im Schöpfwerk. „Die nach Prinz Claus benannte Anlage zieht zudem Touristen aus den Niederlanden an“, sagt Mertins. Prinz Claus von Amsberg, der 2002 gestorbene Ehemann der niederländischen Prinzessin Beatrix, stammte aus Hitzacker. „Dank der Hochwasserschutzanlage können wir auch unsere Häuser wieder versichern.“ Die Elementarversicherer hätten das zuvor abgelehnt.

„Jetzt fühlen sich die Menschen hier sicher“, sagt Wieczorek. „Wenn die Pumpen versagen, kann es eng werden“, meint aber auch er. An der Schutzmauer wird an die Hochwasser mit einer Konstruktion aus weißen Stangen und Metallringen erinnert. Ganz oben steht auf einem der bunten Ringe „11.06.2013“, man muss emporschauen, um es zu lesen. Damals wurde ein Pegelstand von 8,17 Metern gemessen, heute sind es nicht einmal 70 Zentimeter. Weiter unten erinnern zwei Ringe an die Hochwasser von August 2002 und Januar 2003. Nur das vom Januar 2011 hat keinen Ring, da wurden am Pegel 7,70 Meter gemessen.

Birgit Holsten hat in der Altstadt ein Geschäft für Damenmode, sie ist eine der sogenannten Inselkauffrauen. Die 60-Jährige hat nicht nur das „Jahrhunderthochwasser“ von 2013 erlebt, da stand die Elbe kurz unter der Oberkante der Spundwand. „Das kann man sich jetzt kaum vorstellen“, sagt sie. Ein DLRG-Boot sei damals über ihr auf der anderen Seite der Wand vorbei gefahren. Sogar die Kanzlerin ist damals nach Hitzacker gekommen, wie auch schon 2006.

„Wir fühlten uns sicher und dann kam die Evakuierung“, erinnert sich Holsten an den Sommer 2013. „Wir haben alles in die oberen Stockwerke gebracht.“ Sie wohnt mit ihrer Familie in derselben Straße, in der auch das Geschäft ist, sie kommt von hier. „Wenn die Vorrichtungen nicht gehalten hätten, wäre die Altstadt in Sekunden überflutet gewesen“, sagt Holsten. „Das ist der Grund, warum ihr gehen müsst, hat man uns gesagt.“ Immerhin: Die bereitgestellten Plätze etwa in Turnhallen seien nicht gebraucht worden. „Alle sind privat untergekommen - das ist Hitzacker.“

„2002 waren wir nicht richtig vorbereitet, weil wir keine Erfahrung mit so einem Hochwasser hatten“, sagt Holsten. Doch da seien sie wie bei früheren Überschwemmungen nicht gewichen, als das Wasser in die Stadt kam. „Alle sind geblieben und haben ihre Häuser zu schützen versucht - mit Sandsäcken und Pumpen.“ Auch Holsten ist klar, dass die Schutzanlage keine absolute Sicherheit bieten kann. „Man kann nur hoffen, dass die Ingenieure Recht behalten, die das ausgerechnet haben“, sagt sie.

„Ich habe die Elbe immer schon geliebt und liebe sie immer noch“, sagt Birgit Holsten nachdenklich. „Daran haben die Hochwasser nichts geändert.“ Eines habe sich aber doch ein wenig gewandelt, meint die Inselkaufrau. „Man kriegt noch mehr Respekt vor der Natur.“

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