Altenahr:Aufräumarbeiten im Ahrtal laufen auf Hochtouren

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Mit einem Bagger reissen Arbeiter ein von der Flut zerstörtes Haus ab. (Foto: Boris Roessler/dpa)

Auch fast zwei Wochen nach der Hochwasserkatastrophe türmen sich im Ahrtal bis zu zehn Meter hohe Berge von mit Schlamm überzogenen Trümmern: Wohnwagen, Bäume,...

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Schuld (dpa/lrs) - Auch fast zwei Wochen nach der Hochwasserkatastrophe türmen sich im Ahrtal bis zu zehn Meter hohe Berge von mit Schlamm überzogenen Trümmern: Wohnwagen, Bäume, Autos und Traktoren, dazwischen Puppen, ein Schlüsselbund und ein zerbrochenes Bild. Am Dienstagnachmittag kam es in Schuld an der Ahr zeitweise zu heftigem Regen. In der Flutkatastrophe vom 14. Juli kamen bislang 132 Menschen ums Leben. Weiterhin vermisst werden 74 Bewohner.

Im evakuierten Altenahr-Altenburg liefen die Aufräumarbeiten auf Hochtouren. Über ein Fahrzeug der Bundeswehr verbreitete die Kreisverwaltung Durchsagen mit Hinweisen zu Brauchwasser für die Aufräumarbeiten sowie zu Tetanus- und Hepatitis-Impfungen.

An fünf Standorten wird an Ersatzbrücken gebaut. „Die ersten vier Brücken, die in Arbeit sind, sind in Insul, Liers, Rech und in der Nähe von Fuchshofen“, sagte der Leiter des Krisenstabs, Thomas Linnertz, am Dienstag in Bad Neuenahr-Ahrweiler. Sie würden federführend von der Bundeswehr errichtet. Zudem sei das Technische Hilfswerk dabei, in Bad Neuenahr-Ahrweiler eine weitere Querung herzustellen. Mehr als 60 Brücken wurden von der Sturzflut am 14. Juli zerstört.

Bislang wurden nach Angaben der Technischen Einsatzleitung im Kreis Ahrweiler mehrere Zehntausend Tonnen Müll abtransportiert. Nachdem zwei Tage gezielt Müll und Unrat rausgefahren wurde, zeige sich ein „erstes Vorankommen“, sagte ein Polizeisprecher in Koblenz. Dennoch würden immer wieder Bereiche entdeckt, wo noch viel zu tun sei. „Das wird noch eine ganze Zeit lang dauern“, sagte der Sprecher. Immer wieder würden beispielsweise Autos gefunden.

Die Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord erteilte in der vergangenen Woche kurzfristig eine Ausnahmegenehmigung zur Ablagerung von unbehandeltem Haus- und Sperrmüll aus dem Kreis Ahrweiler für die Deponie „Eiterköpfe“ in Ochtendung (Kreis Mayen-Koblenz). „Aufgrund der offensichtlichen Ausnahmesituation ist es nicht möglich, die sonst üblichen Standards in der Müllentsorgung beizubehalten“, teilte am Dienstag ein Sprecher mit. Der Müll werde daher dort in einem vorher genau definierten Bereich unbehandelt abgelagert.

In Absprache mit den verschiedenen Entsorgungsbetrieben in den Regionen Koblenz und Trier wurden auch weitere Flächen an Abfallanlagen als Zwischenlager festgelegt - so zum Beispiel auf den Deponien in Niederzissen, Linkenbach, Kirchberg und Singhofen. Von dort aus werde der Müll dann weitertransportiert, sobald ein Abnehmer gefunden sei. Zurzeit gebe es Gespräche mit Betreibern von Abfallanlagen im gesamten Bundesgebiet und in Luxemburg.

Infolge der abgesperrten Straßen kommen inzwischen weniger freiwillige Helfer in den Orten an. Im Kreis Ahrweiler wurden inzwischen rund 6500 Anträge auf Soforthilfe gestellt. Bislang seien Hilfen von mehr als 2,6 Millionen Euro ausgezahlt worden, teilte eine Sprecherin der Kreisverwaltung mit.

Die Deutsche Telekom setzte die Arbeiten zur Instandsetzung des Mobilfunk- und Festnetzes fort. Dazu wird ein Teil der auch für den Mobilfunk wichtigen Glasfaserkabel oberirdisch verlegt. Schritt für Schritt gehe es voran, sagte ein Sprecher des Unternehmens. In Altenahr war die Aufstellung eines zusätzlichen Mobilfunkmastes geplant, auch zur Unterstützung der Einsatzkräfte. Einsatzleiter Heinz Wolschendorf teilte mit, die LTE-Versorgung sei „zurzeit vollständig und flächendeckend“ wiederhergestellt. Auch die GSM-Versorgung funktioniere bis auf eine Mobilfunkstation wieder.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung riefen am Dienstag zu Blutspenden auf. Der Bestand habe sich aufgrund der Corona-Pandemie und wegen der Urlaubszeit stark verringert. In einigen Regionen würden dringend Blutpräparate benötigt, um die vielen Verletzten versorgen zu können.

Nach der Flutkatastrophe werden viele Tiere ins Tierheim gebracht. Dabei handle es sich zum einen um Fundtiere, die von Helfern oder Nachbarn entdeckt würden, sagte die Leiterin des zuständigen Tierheims in Remagen, Madeleine von Falkenburg. Neben Katzen und Hunden seien auch Schildkröten, Reptilien und Koi darunter. Zum anderen wenden sich nach ihren Angaben derzeit viele Tierbesitzer an das Tierheim und den Tierschutzverein Kreis Ahrweiler, um ihre Tiere vorübergehend in Pflege zu geben.

„Viele Leute, die alles verloren haben, wollen ihre Tiere in Sicherheit geben“, sagte von Falkenburg. Die Betroffenen würden derzeit von einer Wohngelegenheit zur anderen wechseln. Vor allem Katzen hielten das nicht gut aus. Das Tierheim gebe die Tiere dann an bekannte Pflegestellen, wo sie versorgt würden, bis die Besitzer sie wieder aufnehmen könnten. Die Heimleiterin rechnete damit, dass die Zahl dieser Anfragen weiter zunehmen wird.

© dpa-infocom, dpa:210727-99-561210/2

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