Verwaltungsgericht Hamburg:Bezirksamtsleiter darf sich nicht abwertend über AfD äußern

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Ein Mikrofon steht in einem Saal eines Gerichts. (Foto: Friso Gentsch/dpa/Symbolbild)

Die Meinungsfreiheit hat Grenzen, zumindest für Amtsträger in offizieller Funktion. Mit einer entsprechenden Klage hatte die AfD in Hamburg Erfolg. Die Grünen fordern einen Kurswechsel in der Rechtsprechung.

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Hamburg (dpa/lno) - Ein Bezirksamtsleiter darf sich nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg in seiner amtlichen Funktion nicht „negativ abwertend“ über Parteien äußern. In amtlicher Funktion habe er nach gefestigter verfassungsgerichtlicher Rechtsprechung gegenüber allen, nicht verbotenen politischen Parteien Neutralität zu wahren, heißt es in einer Mitteilung des Gerichts vom Mittwoch. Das Neutralitätsgebot folge aus dem im Grundgesetz begründeten Recht der politischen Parteien auf Chancengleichheit. Dieses Gebot habe der Leiter Bezirkes Hamburg-Nord mit Aussagen zur AfD in einer Aktuellen Stunde der Bezirksversammlung verletzt (Az. 17 K 3466/22).

Der Bezirksamtsleiter Michael Werner-Boelz hatte sich im März 2022 nach einem Beitrag eines AfD-Mitglieds in einer Debatte zum Thema „Angriffskrieg gegen die Ukraine - was kann Hamburg-Nord tun?“ zu Wort gemeldet. Dabei hat er laut Gericht der AfD vorgeworfen, „Bruder im Geiste von Herrn Putin“ und „Feinde der Demokratie, des Pluralismus und der Meinungsfreiheit“ zu sein. Wegen dieser Äußerungen erhob der AfD-Bezirksverband Hamburg-Nord Klage gegen die Freie und Hansestadt Hamburg - nach dem Urteil der Verwaltungsrichter zu Recht. Er habe „in Ausübung seiner Amtsbefugnisse als Bezirksamtsleitung in der Bezirksversammlung das Wort ergriffen“ und damit gegen das Neutralitätsgebot verstoßen.

Der Vorsitzende der Grünen-Fraktion in der Bezirksversammlung, Timo B. Kranz, kritisierte in einer Mitteilung, dass das Verwaltungsgericht eine „abstrakte Neutralität“ höher gewichte als den „Einsatz gegen diejenigen, die die Grundlagen unseres Staates und damit letztlich auch der Gerichtsbarkeit bedrohen“. Er hoffe, dass bald ein Umdenken einsetze. Die grüne Fraktion stehe „fest hinter dem Bezirksamtsleiter Michael Werner-Boelz“, so Kranz. „Er hat von Anfang an klargemacht, dass er sein Amt aktiv und im Sinne der Verteidigung der Demokratie ausüben wolle. Genau das habe er getan. „Ich bin sehr froh, dass Michael Werner-Boelz seine klare Kante gegen rechts im Amt beibehalten hat und dieses nutzt, um die Demokratie zu schützen“, fügte Kranz hinzu.

Der Bezirksvorsitzende der AfD, Krzysztof Walczak, verlangte in einer Mitteilung den Rücktritt des Bezirksamtsleiters. „Auch einem grünen Bezirksamtsleiter steht es als Beamten der Freien und Hansestadt Hamburg nicht zu, im Kommunalparlament parteipolitische Hetze zu betreiben.“

Die Stadt kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des schriftlichen Urteils die Zulassung der Berufung beantragen, über die das Hamburgische Oberverwaltungsgericht zu entscheiden hätte.

© dpa-infocom, dpa:240214-99-989635/2

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