Suche in den Trümmern:Zahl der Toten nach Erdbeben erreicht 20 000

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Ein Bagger in den Trümmern eines Hauses in der türkischen Stadt İskenderun. (Foto: IMAGO/Pavel Nemecek/IMAGO/CTK Photo)

Drei Tage nach der Katastrophe werden kaum noch Überlebende gefunden. Die niedrigen Temperaturen erschweren die Lage. Die UN rufen zu umfassenden Hilfslieferungen auf.

Nach den schweren Erdbeben an der Grenze zwischen Syrien und der Türkei ist die Zahl der Toten auf mindestens 20 000 angestiegen. Wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu unter Berufung auf die türkische Katastrophenschutzbehörde Afad am Donnerstagabend berichtete, liegt die Zahl allein für die Türkei nun bei 17 134. Aus Syrien wurden zuletzt 3317 Tote gemeldet. Die betroffenen Gebiete waren zunächst schwer zugänglich, mit dem Fortschreiten der Bergungsarbeiten steigen die Opferzahlen.

Während die Suche nach Opfern weitergeht, wächst die Verzweiflung im Katastrophengebiet. Die Kälte und auch Hunger setzen Hunderttausenden Obdachlosen immer mehr zu, auch die Hoffnungen für die Verschütteten schwinden zusehends. Zwar gibt es noch vereinzelt Berichte über die Rettung von Menschen. So verbreitete eine türkische Hilfsorganisation ein Video, auf dem zu sehen war, wie rumänische und polnische Helfer in der Stadt Hatay einen Zweijährigen 79 Stunden nach dem Beben lebend aus den Trümmern ziehen. Doch für viele Menschen auch in Syrien dürfte bald jede Hilfe zu spät kommen.

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In der syrischen Provinz Idlib berichtete eine Mutter von vier Kindern über die Zustände. "Letzte Nacht konnten wir nicht schlafen, weil es so kalt war", sagt Munira Mohammad, die nach dem Beben aus Aleppo geflohen war. "Es ist sehr schlimm." In beiden Ländern campierten Menschen in provisorischen Unterkünften auf Supermarktparkplätzen, in Moscheen oder in den Ruinen der Städte. Sie versammelten sich um Lagerfeuer am Straßenrand oder auf dem begrünten Mittelstreifen von Hauptstraßen, in beschädigten Garagen und Lagerhallen.

Den Menschen, die mitten im Winter ihre Bleibe verloren haben, setzt nicht nur die Kälte zu. Auch Lebensmittel und Wasser sind knapp. Vor den wenigen Tankstellen, die in Stadt Antakya noch Treibstoff haben, bildeten sich kilometerlange Schlangen.

Zur Verzweiflung der Angehörigen ist es mitunter auch nicht möglich, Verschüttete zu bergen, obwohl ihre Hilferufe zu hören sind. In der Türkei kritisieren bereits viele den Mangel an Ausrüstung, Fachwissen und Unterstützung. Der wachsende Unmut über das Katastrophenmanagement könnte in der Türkei auch Auswirkungen auf die für den 14. Mai geplanten Präsidenten- und Parlamentswahlen haben. Wenn die Öffentlichkeit der Regierung Versagen beim Krisenmanagement vorwirft, könnte dies die Chancen von Präsident Recep Tayyip Erdoğan bei der Wahl schmälern. Umgekehrt verweisen Beobachter darauf, dass Erdoğan die Türken aber auch in der Krise hinter sich vereinen könnte.

UN: Hilfen nicht durch politische Hindernisse blockieren lassen

Die Beben haben nach Schätzungen der türkischen Regierung etwa 13 Millionen Menschen getroffen - in einem Gebiet, das von Adana im Westen bis Diyarbakır im Osten reicht. In Syrien sind laut den Vereinten Nationen (UN) fast 10,9 Millionen Menschen unter anderem in Hama, Latakia, Idlib und Aleppo vom Beben betroffen - eine Region, die bereits besonders unter den nunmehr fast zwölf Jahren Bürgerkrieg gelitten hat.

Der UN-Sondergesandte Geir Pedersen forderte zu umfassenden Hilfslieferungen auf. Die von den Beben betroffenen Menschen benötigten so gut wie alles, betonte Pedersen in Genf. Er mahnte, dass keine politischen Hindernisse der Hilfslieferung im Weg stehen dürften. Der syrische Machthaber Baschar al-Assad hat Krisensitzungen einberufen, sich aber zu dem Beben noch nicht in einer Ansprache oder bei einer Pressekonferenz geäußert.

Wie kann ich für die Opfer des Erdbebens spenden?

Hier eine Auswahl an Organisationen, die vom Deutschen Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI) als seriös eingestuft werden, die komplette Liste findet man auf der Internetseite des DZI :

Ärzte ohne Grenzen e. V. - Médecins Sans Frontières (MSF), Deutsche Sektion, www.aerzte-ohne-grenzen.de , Bank für Sozialwirtschaft, Iban: DE72 3702 0500 0009 7097 00

Aktion Deutschland Hilft e. V., www.aktion-deutschland-hilft.de , Bank für Sozialwirtschaft, Iban: DE62 3702 0500 0000 1020 30, Stichwort: Erdbeben Türkei und Syrien

Deutsches Rotes Kreuz e. V, www.drk.de, Bank für Sozialwirtschaft, Iban: DE63 3702 0500 0005 0233 07, Stichwort: Nothilfe Erdbeben Türkei und Syrien

UNO-Flüchtlingshilfe e. V., www.uno-fluechtlingshilfe.de , Sparkasse Köln-Bonn, Iban: DE78 3705 0198 0020 0088 50, Stichwort: Erdbeben

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