Thailand:Fünf Stunden bis zum Licht

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Wie können es zwölf Kinder und ihr Trainer jemals schaffen, unter Wasser aus dem Höhlensystem hinauszuschwimmen, wenn sogar ein Profi-Taucher dabei stirbt? Die Zeit drängt, und die Bedenken werden größer.

Von Arne Perras

Entsetzen und Schock vor der Höhle Tham Luang, alle Helfer trauern nun um Samarn Kunan, einen jener Männer, die alles darangesetzt haben, damit die zwölf eingeschlossenen Jungen und ihr Trainer sicher aus der Höhle kommen. Doch nun ist Kunan bei diesem gefährlichen Einsatz gestorben, am Freitagmorgen war er noch dabei, Sauerstoffflaschen entlang jener Route zu legen, über die die Eingeschlossenen nach draußen kommen sollen.

Der 38-jährige Rettungstaucher, ein früheres Mitglied der Elitetruppe Thai Navy Seals, verlor nach Angaben des Militärkommandeurs das Bewusstsein, als er bereits auf dem Rückweg war. "Er hatte die Aufgabe, Sauerstoff zu liefern. Aber er hatte nicht mehr genug für sich selbst auf dem Weg zurück", zitiert die BBC ein Mitglied der Rettungskräfte. Der Vize-Gouverneur Passakorn Boonyaluck erklärte, der Taucher sei in den frühen Morgenstunden gestorben. Kunan wurde von einem Kameraden aus dem Wasser gezogen, doch alle Versuche, ihn wiederzubeleben, schlugen fehl. Der Extremtaucher hatte seinen Marinedienst beendet und war zurückgekehrt, um bei der Rettung im Berg nahe der Grenze zu Myanmar zu helfen.

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Die Rettungsaktion in der Tham Luang Höhle hat ein erstes Opfer gefordert: Der ehemalige Marinetaucher Samarn Kunan ist bei dem Versuch, Sauerstoffbehälter in der Höhle zu platzieren, gestorben. Laut Medienberichten hatte der 38-Jährige auf dem Rückweg das Bewusstsein verloren. (Foto: AP)

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Familienmitglieder beten vor dem Eingang der Tham-Luang-Höhle für die Rettung der Kinder. Neun Tage galten die Jugendlichen und ihr Trainer als vermisst, bis Retter die Gruppe in der Höhle im Norden des Landes entdeckten. (Foto: Ye Aung Thu / AFP)

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Der gesundheitliche Zustand, in dem die zwölf Jungs und ihr Fußballtrainer in der teilweise gefluteten Höhle gefunden wurden, war stabil. Zur großen Erleichterung der Eltern, die das Lebenszeichen per Video dankbar aufnehmen. (Foto: Lillian Suwanrumpha / AFP)

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Inzwischen wurden die Jungen medizinisch und mit Nahrung versorgt. Noch steht nicht fest, wie lange es dauert, bis sie die Höhle verlassen können. (Foto: AP)

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Tag und Nacht bemühen sich Rettungsteam, Taucher und Militär um die Bergung der Jugendlichen. Die neue Schicht Soldaten wartet bereits auf ihren Einsatz. Auch der Innenminister wird in Kürze eintreffen, heißt es. (Foto: Arne Perras / SZ)

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In den vergangenen Tagen pumpte das Rettungsteam Wasser aus der Grotte ab. Am Wochenende soll es aber wieder stark regnen, dann wird auch der Pegel erneut steigen. Die Zeit drängt. (Foto: Athit Perawongmetha, Reuters)

Sein Tod bedeutet einen harten Rückschlag für die Moral der Rettungskräfte, auch wenn der Kommandeur der Elitetaucher, Arpakorn Yookongkaew, bekräftigte, dass sein Team den Glauben an den Erfolg nicht verloren habe. Sie unternehmen weiterhin alles, um die Jungen medizinisch und psychisch zu betreuen, sie mit Nahrung zu versorgen, sie aufzurichten und alles dafür vorzubereiten, damit die Kinder und ihr Betreuer notfalls, einer nach dem anderen, nach draußen tauchen können. Die Jungen sind noch nie zuvor in ihrem Leben getaucht. Manche, heißt es, könnten nicht einmal schwimmen, weshalb sie nun von den Profis für alle Aufgaben unter Wasser trainiert werden.

Gary Mitchell vom British Cave Rescue Council teilte mit, dass die Kinder insgesamt etwa einen Kilometer tauchen müssten. Sie sollen dabei offenbar nicht selbst die Zwölf-Liter-Sauerstoffflaschen tragen, sondern werden von Profi-Tauchern begleitet, die ihnen auch die Luft bereitstellen. Etwa fünf Stunden würde der Weg in die Freiheit dauern. Klar ist auch: Die Rettung muss schneller gehen als angenommen: "Wir dachten zunächst, wir könnten die Kinder eine lange Zeit dort am Leben halten, wo sie jetzt sind", sagte Kommandeur Arpakorn Yookongkaew. "Doch jetzt haben sich viele Dinge geändert. Wir haben nur noch einen begrenzten Zeitraum." Er räumte damit offiziell ein, dass die Jungen das Ende der Monsunzeit nicht abwarten können.

Retter wollen nun zunächst Sauerstoff in die Höhle leiten. "Unsere Hauptaufgabe heute ist es, ein Rohr in die Kammer zu legen, damit die Gruppe mehr Luft zum Atmen bekommt", sagte Armeegeneral Chalongchai Chaiyakam. Der Sauerstoffgehalt in der Kammer liege aktuell bei etwa 15 Prozent. Normalerweise beträgt der Sauerstoffgehalt in der Luft rund 20 Prozent. Wie lange die Eingeschlossenen ohne zusätzlichen Sauerstoff ausharren können, ließ der Armeegeneral offen. Auch sagte er nicht, wie lange die Einrichtung der Leitung dauern soll.

Es ist zu befürchten, dass der Wasserspiegel in der Höhle durch heftige Regenfälle demnächst wieder steigt. Es ist inzwischen Samstag geworden, kurz nach Mitternacht, als Narongsak Osotthanakorn vor die Presse am Ausgang der Höhle tritt. Der Gouverneur von Chiang Rai klingt, als sei noch nicht entschieden, ob die Kids raustauchen sollen oder nicht, eine klare Linie ist seinen Worten zunächst nicht zu entnehmen. Schließlich sagt er: "Wenn wir das Gefühl haben, dass schwerer Regen kommt, werden wir es versuchen." Und ergänzt: "Aber sie können im Moment noch nicht tauchen." Nur kurz nach seinen Aussagen beginnt es leicht zu regnen.

Als Alternative zum Tauchen ziehen die Helfer auch eine Bohrung von der Oberfläche in Betracht. Über dem Bereich, an dem sich die Kinder befinden, suchen Spezialisten nach der besten Stelle. Seit nun 13 Tagen sitzen die Jugendlichen und ihr Trainer einen Kilometer unter der Erde fest. 13 Tage, in denen sie nicht mehr tun konnten, als in Dunkelheit und Kälte auf ihre Rettung zu warten.

© SZ vom 07.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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