Ein paar Tage ist es her, da verteilte das Presseamt des spanischen Königshauses eine CD an Berichterstatter. Darauf waren 50 Fotos mit Szenen aus dem gemeinsamen Leben der beiden, für jedes Jahr der Ehe von Juan Carlos, 74, und Königin Sofía, 73, eines. Man kann dies als letzten verzweifelten Versuch werten, immerhin ein wenig heile Welt zu verbreiten.
An diesem Montag ist der Tag der Goldenen Hochzeit, 50 Jahre ist es her, dass der Bourbone und die griechische Prinzessin in der St. Dionysius Kathedrale von Athen heirateten, 143 Vertreter von 27 Königshäusern wohnten dem Fest bei. Zur Silberhochzeit im Jahr 1987 posiert das Monarchenpaar dann wieder für die Fotografen, 17 spanische Ehepaare, die ebenfalls am 14. Mai 1962 geheiratet hatten, werden in den Palast geladen, die Regierung schaut vorbei und gratuliert.
Diesmal scheint den Monarchen nicht nach Feiern zumute zu sein. Offizielle Termine? Keine. Familienfeier? Möglich, teilt das Königshaus mit. "Besser so", sagt Pilar Eyre, "wir Spanier haben es satt, belogen zu werden." Die Ehe, so will sie wissen, sei seit Jahrzehnten nur noch Fassade.
Die royale Ehe soll ein großes Theater sein
Eyre, 60, hatte im Januar ein Buch vorgelegt, das einigen Wirbel verursacht hat: "La soledad de la Reina", "Die Einsamkeit der Königin". Mehr als 100.000 Mal hat es sich verkauft, ein für spanische Verhältnisse irrsinniger Erfolg. Die Königin hat ihr mitteilen lassen, dass ihr das Buch nicht gefallen habe. Vor Gericht zog sie aber nicht, obwohl ihr auf 520 Seiten auch größte Intimitäten nicht erspart blieben.
Das war für Spanien vollkommen neu. Auch für Sofía. Spanien hat keine Boulevardpresse, viele Hochglanzmagazine drucken Reportagen, die von den Protagonisten bestellt oder zumindest abgenickt worden sind. Dass der König Gespielinnen hatte, galt als offenes Geheimnis. In den Medien wurde das aber nicht thematisiert.
Eyre sagt also, dass die Ehe von Juan Carlos und Sofía ein großes Theater sei. Fast schon seit dem Tode von Francisco Franco vor mehr als 36 Jahren, als Juan Carlos zum König gekrönt wurde. Sie behauptet, dass Sofía ihn im Januar 1976 mit einer Geliebten in flagranti erwischt habe, auf einem Jagdgut nahe Toledo. Das Königshaus, so räumt Eyre ein, habe ihr gegenüber betont, dass es ausgeschlossen sei, dass die Episode sich an dem Datum so zugetragen haben könne. Das aber sei die einzige Korrektur, auf die der Palast gedrungen habe.
So hält sie weiter daran fest, dass die Ehe seit jenem Wintertag auf Eis liegt. Und daran, dass der König ein echter Don Juan sein soll. In ihrem Buch zitiert sie einen anonymen Informanten, der sagt, dass Juan Carlos 1500 Geliebte gehabt habe. Die Liste angeblicher Affären ist lang, auch Prinzessin Diana wird auf ihr geführt.
Geliebte bürgerlichen Geblüts?
Dass ein großer Kreis an Spaniern nun für solche Informationen empfänglich geworden ist, liegt vor allem an der geheimen Reise, die den König kurz nach Ostern nach Botswana führt. Ganz offenkundig in Begleitung einer deutschen Prinzessin namens Corinna zu Sayn-Wittgenstein, die mit dem König angeblich schon länger mehr als nur befreundet sein soll.
"In Spanien gibt es zwei Königinnen", subsumierte die italienische Zeitung La Stampa die Lage, nachdem die Safari nur wegen eines Unfalls des Königs, bei dem er sich die Hüfte brach, publik geworden war.
Corinna zu Sayn-Wittgenstein. Es ist nicht so, dass die Dame eine größere Rolle in der deutschen Adelslandschaft spielt, auch, weil sie bürgerlichen Geblüts ist und vom Namensgeber längst geschieden. Corinna Larsen, 47, stammt aus Bad Soden und ist die Tochter des verstorbenen dänischen Managers Finn Böning Larsen, der Europadirektor einer Fluglinie war und sich als Kulturmäzen um den Wiederaufbau der Alten Oper in Frankfurt verdient gemacht hat.
Bunte berichtet, dass es zu Hause feudal zugegangen sein soll. Ein Chauffeur soll Corinna vom Kindergarten abgeholt haben, nach der katholischen Mädchenschule soll sie ein Eliteinternat in England besucht haben. Sie sei Vizemeisterin im Eiskunstlauf gewesen und eine schillernde Figur des Geldadels.
Im Jahr 2000 heiratet sie in zweiter Ehe Prinz Casimir zu Sayn-Wittgenstein, mit dem sie einen Sohn bekommt. Nach fünf Jahren die Scheidung. "Coco" wird in anderer Begleitung gesichtet, "Cassi" mausert sich zum integralen Bestandteil der Londoner Partyszene, Abteilung Jungadel. Auf der Internetseite des Hauses Sayn-Wittgenstein taucht seine Ex-Frau nur noch als Corinna Larsen im Nebensatz auf.
Im Februar 2006 treffen sich Juan Carlos und Corinna zum ersten Mal auf öffentlichem Parkett, bei einem Besuch des Königs in Deutschland. Es gibt Fotos davon, wie Ministerpräsident Günther Oettinger Juan Carlos auf dem Flughafen in Stuttgart empfängt. Die beiden laufen durch ein Spalier von Polizisten, die blonde Corinna läuft drei Schritte hinter ihnen. Später sitzt sie beim Galadinner mit an der Ehrentafel.
Bei den Laureus-Sport-Awards im Mai des selben Jahres in Barcelona treffen sie sich wieder. Fotos zeigen, dass sie sich auf dem roten Teppich so nah kommen, dass ihr Kleid im Empirestil die königlichen Lackschuhe fast verdeckt. In arabischen Medien ist die Rede davon, dass Corinna zu Sayn-Wittgenstein den König 2006 bei einem Besuch in Saudi-Arabien als "strategische Beraterin" offiziell begleitet habe. Das Königshaus hat das bestritten.
Affären hat es in Europas Palästen schon immer gegeben
Viel wird getuschelt, viel erfunden, um der Geschichte die nötige Schärfe zu verpassen. Dass Juan Carlos dem weiblichen Geschlecht sehr zugeneigt ist, gilt indes als unbestritten. Offenbar gehört er zu der Garde alter Monarchen, die manche Traditionen des Adels pflegen, die nicht mehr ganz zeitgemäß sind. Affären hat es in Europas Palästen schon immer gegeben.
Man muss wirklich nicht zurück zu Madame Pompadour, der Mätresse des französischen Königs Ludwig XV. In Schweden überraschte vor eine Weile Carl XVI. Gustaf mit seiner Affäre mit der schrägen Sängerin Camilla Henemark. Unvergessen auch Bernhard der Niederlande, der Mann der Königinmutter Juliane, der gar nicht erst versuchte, etwas zu vertuschen. Er bekannte sich zu gleich zwei unehelichen Kindern.
In Spanien brummt nun das Geschäft mit den Nachrichten aus der Grauzone, in der sich Pilar Eyre ziemlich gut auszukennen glaubt. "Wir wissen nicht, wann und wo die Beziehung der deutschen Prinzessin zu Juan Carlos begann", sagt die Königshausexpertin. Hier und da sei die Fußballeuropameisterschaft in Portugal 2004 genannt worden, aber Eyre vermutet, dass es sich auch um eine Verwechslung handeln könne. Seinerzeit habe sich der König für eine junge deutsche Übersetzerin namens Julia interessiert.
Recht auf ein Privatleben fern der allgemeinen Neugierde
Als gesichert gilt, dass Prinzessin Corinna äußerst gerne jagt. Im Gegensatz zu Sofía und genau wie der spanische König, mit dem sie öfter im staatlichen Naturpark La Encomienda de Mudela, 250 Kilometer südlich von Madrid, gesehen worden sein soll. Bei der Jagd in Botswana sollen insgesamt drei Elefanten reserviert worden sein. Wegen des Königsunfalls wurden nur zwei erlegt. Vermutet wird, dass Sayn-Wittgenstein den Elefanten Nummer drei übernehmen sollte.
Der Monarch, so schrieb die Zeitung El País unter Berufung auf offizielle Quellen, meint, dass er ein Recht auf ein Privatleben fern der allgemeinen Neugierde hat. Aber ebendiese "offiziellen Quellen" unterstrichen laut El País auch, dass "der König auf diese Freundschaften nicht verzichten" werde. Dies schließe ausdrücklich "die enge Beziehung ein, die er seit Jahren zur deutschen Prinzessin Corinna zu Sayn-Wittgenstein" unterhalte, einer "Unternehmerin und Safari-Organisatorin". Angeblich soll Corinna zu Sayn-Wittgenstein in El Pardo wohnen, der Gemeinde vor den Toren Madrids, in der auch die Königsresidenz liegt.
Corinna zu Sayn-Wittgenstein äußerst sich persönlich nicht, weist aber Berichte über eine intime Beziehung zu Juan Carlos über ihren Anwalt als unwahr zurück. Das spanische Internetportal La Voz Libre zitiert einen Freund Corinna zu Sayn-Wittgensteins mit den Worten: "Das ganze Theater um sie ist unbegründet, wenn sie ein Mann wäre, würde sich niemand an der Freundschaft zum König stören."