Schusswaffengebrauch:US-Polizisten töten fast 400 Menschen in fünf Monaten

  • Mindestens 385 Menschen sind in den USA in den ersten fünf Monaten dieses Jahres durch Polizeischüsse getötet worden. Das berichtet die Washington Post.
  • Damit liege die Zahl der tödlichen Schießereien mehr als doppelt so hoch wie von der Bundespolizei FBI in den vergangenen zehn Jahren ermittelt.
  • Die Zahlen wurden von Behördenvertretern aber wiederholt als unvollständig kritisiert.

Schusswaffengebrauch könnte Debatte neu anfachen

Die Polizei hat in den USA in den ersten fünf Monaten des Jahres mindestens 385 Menschen erschossen. Das geht aus einer Analyse der Washington Post hervor und könnte die Debatte um übermäßige Gewaltanwendung im Dienst, vor allem gegen Latinos und Afroamerikaner, neu anfachen.

Nach Angaben der Zeitung ergeben sich rechnerisch 2,6 Tote pro Tag durch Schüsse von Beamten. Die Hälfte der Polizeiopfer in diesem Jahr gehörte einer Minderheit an. Allerdings waren 80 Prozent der Opfer bewaffnet, einer von sechs war unbewaffnet oder trug eine Spielzeugpistole. Bei den unbewaffneten Opfern handelte es sich in zwei von drei Fällen um Schwarze oder Menschen lateinamerikanischer Herkunft.

Die Opfer waren zwischen 16 und 83 Jahre alt, 92 von ihnen sollen psychisch krank gewesen sein. Insgesamt seien 365 Männer und 20 Frauen getötet worden. In drei der insgesamt 385 Todesfälle mussten sich die Beamten wegen einer Straftat verantworten.

Als Quellen habe die Zeitung unter anderem Polizeiberichte, Lokalnachrichten und Interviews genutzt und nur Todesfälle durch Schusswaffengebrauch dokumentiert.

FBI spricht von nur 400 Toten pro Jahr

In Statistiken der Bundespolizei FBI für das vergangene Jahrzehnt ist dagegen nur von etwa 400 tödlichen Schießereien per annum die Rede, mit einer Rate von 1,1 Opfern pro Tag. Die Zahlen wurden aber von Behördenvertretern sowie von Bürgerrechtsorganisationen wiederholt als unvollständig kritisiert.

Soziologin über Amerikas Polizei
:"Die Cops treten auf wie eine Besatzungsarmee"

Alice Goffman lebte sechs Jahre als Weiße in einem Schwarzen-Viertel in Philadelphia. Dort erlebte sie, wie die Polizei die Menschen täglich drangsaliert. Nun schreibt sie dagegen an - und freut sich auch über Republikaner als Verbündete.

Von Matthias Kolb, Madison/Wisconsin

In den USA hatte es in den vergangenen Monaten immer wieder Unruhen in Städten wie Baltimore oder Ferguson gegeben, nachdem vor allem unbewaffnete Schwarze von Polizisten erschossen worden waren.

© SZ.de/Reuters/dpa/fie - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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