Torgelow:Mord-Prozess um Leonie: Beamte berichten über Widersprüche

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Im Mordprozess um den Tod der sechsjährigen Leonie aus Torgelow (Vorpommern-Greifswald) haben Polizeibeamte am Mittwoch über Ungereimtheiten und Widersprüche in...

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Neubrandenburg (dpa/mv) - Im Mordprozess um den Tod der sechsjährigen Leonie aus Torgelow (Vorpommern-Greifswald) haben Polizeibeamte am Mittwoch über Ungereimtheiten und Widersprüche in den ersten Erklärungen des angeklagten Stiefvaters berichtet. Die zwei Revier- und zwei Kriminalpolizisten waren am 12. Januar abends zu der Wohnung der fünfköpfigen Familie in Torgelow beordert worden.

Dort hatten Rettungskräfte das Mädchen leblos in ihrem Bett gefunden und es nicht wiederbeleben können. Dabei hatte der Notarzt zahlreiche Verletzungen an Leonie festgestellt, die nach Ansicht der Retter im Widerspruch zu Angaben des Stiefvaters standen. Nach Aussagen des Notarztes war das Kind schon mehrere Stunden tot, bevor die Retter alarmiert wurden.

„Der Angeklagte hat uns den Eindruck eines fürsorglichen Vater vermitteln wollen, was aber durch viele Widersprüche in den Aussagen zweifelhaft erschien“, sagte ein 26-jähriger Polizist vor Gericht. So hatte der Stiefvater einmal erklärt, dass man damals Einkaufen gehen wollte. Den Polizisten gegenüber habe er dann gesagt, dass das Mädchen aber Spielen gehen wollte und dabei hinuntergestürzt war, weil sie nicht auf ihn gewartet habe. In einigen Vernehmungen war davon die Rede, dass Leonie aus der Nase geblutet habe, in anderen Aussagen hieß es, sie habe aus dem Mund geblutet.

Der Angeklagte habe damals erklärt, er habe Leonie nach dem Sturz nicht zum Arzt gebracht, weil die Sechsjährige das nicht gewollt habe. Sie habe gesagt „alles ist gut.“ „Widersprüchlich kam uns auch vor, dass die Kleidung des Mädchens ganz nass war“, sagte der Polizist. Angebliche Kühlakkus, die dem Mädchen zum Lindern von Schmerzen gegeben worden sein sollen, wurden nicht gefunden. Im Treppenhaus fanden Kriminalisten damals keine Sturzspuren.

Dem 28 Jahre alten Stiefvater wird Mord durch Unterlassen und Misshandlung von Schutzbefohlenen vorgeworfen. Der Mann schweigt bisher vor Gericht. Er hatte bei Vernehmungen angegeben, dass Leonie nachmittags mit einem Puppenwagen eine Treppe im Hausflur hinuntergestürzt sei. Er hatte die Retter erst rund viereinhalb Stunden nach dem angeblichen Sturz gerufen. Laut Anklage soll er die Retter nicht früher geholt haben, um mögliche Misshandlungen bei dem Mädchen und ihrem jüngeren Bruder zu verdecken.

Der Prozess geht am Montag mit der Anhörung der Mutter des toten Mädchens weiter. Gegen sie wird auch wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen ermittelt, da sie ebenfalls keine Hilfe geholt hatte.

Möglicherweise wird sie hinter verschlossenen Türen vernommen. Wie Richter Jochen Unterlöhner am Mittwoch bei der Verhandlung am Landgericht Neubrandenburg sagte, hat der Anwalt der Frau einen Antrag auf Ausschluss der Öffentlichkeit am 21. und 24. Oktober gestellt. Die Schwurgerichtskammer habe darüber aber noch nicht abschließend entschieden.

Mit einem Urteil wird frühestens Ende November gerechnet.

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