Prozess um Tötung eines schwarzen Teenagers:US-Gericht spricht Todesschützen schuldig

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"Fassungslos": Der Angeklagte Michael Dunn (re.) bei der Urteilsverkündung. (Foto: REUTERS)

Musste der Jugendliche sterben, weil er zu laut Musik gehört hat? Ein weißer US-Amerikaner hat im Bundesstaat Florida einen schwarzen Teenager erschossen. Der Angeklagte wurde jetzt verurteilt - allerdings nicht wegen Mordes.

Die tödlichen Schüsse fielen am 23. November 2012, dem Tag nach Thanksgiving. Mindestens acht Mal soll der 47-jährige Michael Dunn an einer Tankstelle im US-Bundesstaat Florida auf einen neben ihm parkenden Jeep geschossen haben, in dem vier Teenager saßen. Einer von ihnen - der 17-jährige Jordan Davis - wurde tödlich getroffen. Nach den Ermittlungen der Polizei soll zuvor ein Streit darüber entbrannt sein, dass die Jugendlichen zu laut Musik gehört hatten.

Eine US-Jury sprach den Angeklagten nun in mehreren Anklagepunkten schuldig - allerdings nicht wegen des Hauptvorwurfes: Mord an Jordan Davis.

Die Geschworenen verurteilten den 47-Jährigen wegen versuchten Mordes an den drei weiteren Jugendlichen, die gemeinsam mit Davis im Auto saßen. (Der genaue Begriff im amerikanischen Rechtssystem lautet: "second-degree attempted murder", zu deutsch in etwa: Ein Mordversuch mit bedingtem Vorsatz, bei dem der Tod des Opfers billigend in Kauf genommen wird). Außerdem sah es die Jury als erwiesen an, dass Dunn mit einer Waffe in das Fahrzeug gefeuert hat. Auch in diesem Anklagepunkt wurde er schuldig gesprochen.

Auch wenn die Mordanklage keinen Erfolg hatte, könnte das Strafmaß, das erst später verkündet wird, zwischen 20 und 60 Jahren Haft liegen. Den Angaben seines Anwalts zufolge, sei Dunn "fassungslos" über den Urteilsspruch gewesen. Der Angeklagte berief sich im Prozess auf Notwehr.

Die zwölf Geschworenen konnten sich während ihrer viertägigen Beratungen aber nicht auf eine Verurteilung wegen Mordes einigen. Richter Russell Healey forderte die Jury daraufhin auf, noch einmal eine Einigung zu versuchen, was jedoch offensichtlich nicht gelang. Daher erklärte Healey die Mordanklage für ergebnislos.

Der prominente Bürgerrechtsaktivist Al Sharpton kritisierte das Urteil als "enttäuschend". Es trage nicht der Tatsache Rechnung, "dass ein Mensch gestorben ist". Davis' Vater Ron sagte, Dunn werde während seiner langen Haftzeit "lernen, dass er die Tötung meines Sohnes bereuen muss".

Der Fall hatte landesweites Aufsehen erregt, weil von möglichen rassistischen Beweggründen die Rede war. Er erinnerte an den Fall des 17-jährigen Schwarzen Trayvon Martin, der im Februar 2012 in Florida von dem Nachbarschaftswächter George Zimmerman getötet worden war. Ein Geschworenengericht sprach den Schützen damals wegen Notwehr frei. Er hatte ausgesagt, er habe sich durch den Teenager bedroht gefühlt. Martin trug allerdings keine Waffe bei sich.

© Süddeutsche.de/dpa/AFP/dmo - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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