Prozess gegen Berliner U-Bahnschläger:"Er ist ruhig und ein Streber"

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Er habe geweint und gezittert und sich seine Tat nicht erklären können: Eine Zeugin hat im Prozess um die brutale Attacke am U-Bahnhof Friedrichstraße eine Begegnung mit dem mutmaßlichen Täter geschildert - und ihm in einem entscheidenden Punkt widersprochen.

Nach der brutalen Attacke auf dem U-Bahnhof Friedrichstraße hat sich Torben P. einer Mitschülerin anvertraut. Die 17-Jährige sagte vor dem Berliner Landgericht aus, dass der Gymnasiast ihr nach der Tat demonstriert habe, wie er mit einer Flasche auf das Opfer eingeschlagen und auf den Kopf getreten habe. Er habe geweint und sei "ein bisschen" betrunken gewesen, sagte sie.

Nach der brutalen Attacke auf einen 29-Jährigen am Berliner U-Bahnhof Friedrichstraße soll sich der mutmaßliche Täter einer Mitschülerin anvertraut haben. Die beschreibt ihn als ruhigen "Streber" - und belastet ihn in einem entscheidenden Punkt. (Foto: dapd)

Der 18-Jährige hatte zu Prozessbeginn zwar ein Geständnis abgelegt, gab aber an, sich an die Tritte nicht erinnern zu können. Ihm werden versuchter Totschlag und gefährliche Körperverletzung vorgeworfen.

Die Mitschülerin war am Abend der Tat mit den Angeklagten auf der Geburtstagsfeier einer Freundin gewesen. Torben P. habe "gute Laune" gehabt, sagte das Mädchen. Als aggressiv habe sie den Angeklagten auch in der Schule nie erlebt. "Er ist ein netter Typ. Er ist ruhig und ein Streber."

Ihren Angaben nach haben beide Angeklagte auf der Feier Wodka oder Weinbrand mit Cola getrunken und als Erste die Party verlassen. Torben P. habe aber "nicht so betrunken ausgesehen wie sein Freund", sagte sie. Als sie ihn zufällig Stunden später wiedertraf, sei er "wesentlich betrunkener" gewesen.

Die Schülerin schilderte weiter, wie sie Torben P. nachts in der U-Bahn antraf, wo er "heulend und zitternd" in einer Ecke hockte. Sie seien dann gemeinsam zu einem Spielplatz gegangen, weil er jemanden zum Reden gebraucht habe. Dort habe der Angeklagte ihr erzählt, was vorgefallen sei: Ihren Angaben zufolge erzählte er, wie er auf dem Weg zur U-Bahn erst einige Mädchen und dann "den Jungen blöd angemacht" habe.

Blutflecken auf Schuh und Hose

Auf dessen Reaktion hin sei er "ausgerastet". "Er meinte, dass er gar nicht weiß, warum er so reagiert hat", sagte die Zeugin. Er habe ihr dann noch die Blutflecken an Schuh und Hose gezeigt und nachgestellt, wie er auf den Mann eingeschlagen und -getreten habe. Von dem mitangeklagten Freund habe Torben damals berichtet, dass dieser das Opfer zwar mit "angemacht" habe, dann aber wie erstarrt gewesen sei, als er mit Schlagen angefangen habe.

Am Karsamstag soll Torben P. auf dem Bahnsteig des Berliner U-Bahnhofs Friedrichstraße nach einem Streit einen 29-Jährigen mit einer Flasche niedergeschlagen und ihm viermal mit voller Kraft auf den Kopf getreten haben. Das Opfer erlitt eine Gehirnerschütterung, mehrere Platzwunden und einen Nasenbeinbruch. Die Attacke war von Überwachungskameras gefilmt worden und hatte bundesweit für Entsetzen gesorgt.

In dem seit einer Woche laufenden Verfahren muss sich auch ein Freund des Hauptangeklagten verantworten - wegen unterlassener Hilfeleistung und Körperverletzung. Er soll bei der Attacke tatenlos zugesehen und danach gemeinsam mit seinem Komplizen auf einen 22-jährigen Mann aus Bayern eingeschlagen haben, der Torben P. vom Opfer wegziehen wollte. Auch der Mitangeklagte ist geständig. Der Prozess wird am 1. September fortgesetzt.

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