Dortmund:Anklage gegen fünf Polizisten zugelassen

Polizeibeamte sichern im August 2022 den Einsatzort in der Dortmunder Nordstadt. (Foto: Markus Wüllner/dpa)

In Dortmund starb im August 2022 ein 16-jähriger Flüchtling durch die Schüsse der Polizei. Nun müssen sich fünf Beamte vor Gericht verantworten. Dem Schützen wird Totschlag vorgeworfen.

Nach den tödlichen Polizeischüssen auf einen 16 Jahre alten Flüchtling in Dortmund soll noch im Dezember der Prozess gegen fünf Polizeibeamte beginnen. Das Landgericht Dortmund hat die Anklage der Staatsanwaltschaft zugelassen. Dem Schützen wird Totschlag vorgeworfen. Der Junge aus Senegal starb am 8. August 2022 nach einer Notoperation.

Zwei weitere Polizistinnen und ein Polizist müssen sich wegen gefährlicher Körperverletzung im Amt vor Gericht verantworten. Ihr Dienstgruppenleiter soll sie angestiftet haben, ungerechtfertigt Pfefferspray und Taser gegen den 16-Jährigen einzusetzen. Insgesamt waren damals elf Beamte auf dem Gelände einer Jugendhilfeeinrichtung im Einsatz.

SZ PlusPolizeieinsatz in Dortmund
:Elf Polizisten gegen einen Jugendlichen

Ein 16-jähriger Geflüchteter, der mit einem Messer bewaffnet war, wird in Dortmund von der Polizei erschossen. Warum wurden sechs Kugeln abgefeuert? Und müssten Einsätze gegen Menschen in psychischen Ausnahmesituationen grundsätzlich anders geregelt werden?

Von Anna Fischhaber und Christian Wernicke

Der Betreuer der Einrichtung hatte selbst die Polizei gerufen, da der 16-Jährige gedroht haben soll, sich mit einem Messer zu töten. Der Jugendliche befand sich in einem Innenhof und wurde dort zunächst mit Pfefferspray und Tasern angegangen. Schließlich schoss ein Beamter mit einer Maschinenpistole auf ihn. Den Jungen trafen, das ergab später die Obduktion, fünf Kugeln: in Bauch und Kiefer, in Schulter und Unterarm. Eine sechste Kugel verfehlte ihr Ziel.

Dass Minderjährige bei einem Polizeieinsatz getötet werden, kommt äußerst selten vor. Offizielle Statistiken, wie viele Menschen jedes Jahr durch Schusswaffen der Polizei sterben, gibt es allerdings nicht. Experten gehen davon aus, dass die Zahl im niedrigen zweistelligen Bereich liegt. Vor Gericht werden nur sehr wenige dieser Fälle verhandelt. Kritik gibt es aber am Umgang mit Menschen in psychischen Ausnahmesituationen.

Für den Prozess in Dortmund sind zunächst elf Verhandlungstermine bis in den April 2024 hinein vorgesehen.

© SZ/dpa/afis - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusExklusivGewalt bei Einsätzen
:Erschossen von der Polizei

Mindestens 133 Menschen sind seit 2010 durch Schusswaffen bei Einsätzen getötet worden. Die Hälfte der Opfer war psychisch auffällig. Warum mussten sie sterben?

Text: A. Fischhaber, L. Kampf, S. Schlicht, N. Tausche, R. Wiegand, Illustration: S. Dimitrov

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: