Fischsterben in der Oder:"Es ist ein vergiftetes Katastrophengebiet"

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Auf Höhe der Insel Ziegenwerder in Frankfurt (Oder) liegt ein toter Fisch am Ufer der Oder. (Foto: Frank Hammerschmidt/dpa)

Das Fischsterben in der Oder beunruhigt seit Tagen die Menschen in Brandenburg an der Grenze zu Polen. Nun gibt es Hinweise auf eine Quecksilberbelastung.

Das Fischsterben in der Oder beunruhigt seit Tagen die Menschen in Brandenburg an der Grenze zu Polen. Tausende tote Fische wurden in dem Fluss entdeckt, ein Teil davon auf Höhe der Stadt Frankfurt (Oder) und umliegender Orte. Nach Auskunft der polnischen Wasserbehörde sind bislang zehn Tonnen verendeter Fisch geborgen worden. Wasserproben haben Hinweise auf eine erhebliche Quecksilberbelastung ergeben.

Naturschützer fürchten nun weitreichende Folgen, etwa für den Nationalpark Unteres Odertal. Betroffen seien Tiere und Pflanzen und auch die touristische Entwicklung der Region, sagt der stellvertretende Nationalparkleiter Michael Tautenhahn. "Die Vergiftungswelle ist komplett durch die Oder gegangen". Über die gesamte Strombreite habe man tote Fische treiben sehen.

(Foto: SZ-Grafik)

Betroffen seien etwa Zander, Welse, Gründlinge und Steinbeißer. Seeadler und andere Vögel könnten Gift durch die toten Fische aufnehmen. "Es ist ein vergiftetes Katastrophengebiet", so Tautenhahn. Er fürchtet, dass viele Menschen nun einen Bogen um den Nationalpark Unteres Odertal machen. Dieser zählt zu den artenreichsten Lebensräumen in Deutschland.

"Wir haben, völlig ungewöhnlich, sogar mehr Sauerstoff in der Oder"

Die Wasseranalysen sind zwar noch nicht endgültig ausgewertet, die anfänglich vertretene These, dass zu wenig Sauerstoff die Ursache für das Fischsterben sein könnte, habe die Kreisverwaltung jedoch verworfen, sagt der Leiter der Umweltverwaltung im Kreis Märkisch-Oderland, Gregor Beyer, am Freitagmorgen im RBB-Inforadio. "Wir haben, völlig ungewöhnlich, sogar mehr Sauerstoff in der Oder", so Beyer.

Im brandenburgischen Genschmar hängt ein Warnhinweis zum Fischsterben am Oder-Ufer. (Foto: Patrick Pleul/dpa)

Die ersten Proben, die seit Donnerstagabend vorlägen, deuteten "doch auf eine massive Belastung mit Quecksilber hin als ein Faktor", so Beyer. Ob es zusätzlich andere Ursachen gebe, sei noch unklar.

Über die Herkunft des Quecksilbers oder möglicher anderer Giftstoffe werde momentan viel spekuliert. "Der ganz ärgerliche Teil dieser Sache ist, dass die Einträge, die offensichtlich aus Richtung Polen kamen, nicht gemeldet wurden über die entsprechenden Warnsysteme, sodass wir erst reagieren konnten, als ein Fischsterben direkt zu beobachten war", sagt Beyer.

Sind Giftstoffe auf polnischer Seite ins Wasser gelangt?

Die Staatsanwaltschaft Wroclaw (Breslau) ermittelt derweil wegen eines möglichen Umweltdelikts. Sind Giftstoffe auf polnischer Seite ins Wasser gelangt? Nach Angaben der polnischen Umweltschutzbehörde wurde das Fischsterben wahrscheinlich von einer Wasserverschmutzung durch die Industrie ausgelöst.

Bei Krosno Odrzanskie an der deutsch-polnischen Grenze holen Helfer die Kadaver aus dem Wasser. (Foto: NewsLubuski/Imago/Eastnews)

Polen wird die Untersuchungsergebnisse von massenweise verendeten Fischen aus der Oder allerdings frühestens am Sonntag vorlegen können. Bislang habe das Staatliche Forschungsinstitut in Pulawy noch keine Fische erhalten, sagt der Leiter Krzysztof Niemczuk am Freitag der Nachrichtenagentur PAP. Die Tiere sollen dann auf Metalle, Pestizide und andere giftige Stoffe untersucht werden.

Im Nachbarland wächst derweil die Kritik an einer zu langsamen Reaktion der Behörden und der Regierung auf das Fischsterben. Oppositionsführer Donald Tusk von der liberalkonservativen Bürgerplattform (PO) sprach von "einem der größten Umweltskandale der vergangenen Jahre - nicht nur in Polen".

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