Flugverspätungen:Der Passagier, der für den fehlenden Piloten einspringt

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Eine Easyjet-Maschine vor der Landung in Genf. (Foto: Fabrice Coffrini/AFP)

Michael Bradley wollte eigentlich nur in den Urlaub fliegen. Doch der Pilot tauchte einfach nicht auf. Gut, dass Bradley seine Fluglizenz dabei hatte.

Von Hannes Vollmuth

Er wollte einfach nur in den Urlaub, er wollte einfach nur weg. Aber Michael Bradley saß fest am Flughafen von Manchester, mit seiner Frau und seinem Sohn. In Alicante, Spanien, an ihrem Ziel, hatte es 27 Grad. Das machte die ganze Sache natürlich nur noch schlimmer: dass der Flug Verspätung hatte, weil der Pilot nicht greifbar war.

Was macht man, wenn der Pilot nicht greifbar ist? Man wartet.

Was machte Michael Bradley, als der Pilot nicht kam? Er rief bei Easyjet an, bot seine Hilfe an und flog das Ding dann selbst nach Spanien. Er hatte immerhin seine Pilotenlizenz dabei.

Hört sich wie das Happy End eines pathetischen Urlaubsverspätungskrimis vom vergilbten Buchstapel im Bahnhofskiosk an? "Doch, es ist wahr", sagt ein Sprecher des Billigfluglinie vier Tage nach dem Vorfall der SZ, "er hat das wirklich getan."

Bradley, der Familienvater, war zwar als Passagier auf den Flug gebucht, aber zum großen Glück der wartenden Urlauber (und zum großen Glück seines Arbeitgebers) selbst Easyjet-Pilot. Als Bradley also die Verspätung sah, kontaktierte er die Billig-Fluglinie. "Ich sagte ihnen, dass ich meine Lizenz und meinen Ausweis dabei habe. Wenn Sie einen Gefallen brauchen und ich einspringen soll, würde ich es tun." Keine 40 Sekunden später der Rückruf: Bitte, ob er das Flugzeug nach Alicante fliegen könne?

Und Bradley flog. Denn Bradley ist ein offenbar ein guter Mitarbeiter, und ein gesprächiger dazu. Denn wie sich alles zugetragen hatte, erzählte der Passagier-Pilot dann selbst in einer Ansprache, die er über Mikrofon den anderen Passagieren im Flugzeug hielt. Und die von einem Passagier in einem Video festgehalten wurde und jetzt auf Facebook geteilt wird.

"Wir sind einem unserer Piloten sehr dankbar", schreibt Easyjet in einer Mail an die SZ. "Dadurch konnten unsere Passagiere zu ihrem Zielflughafen gebracht werden und dieser Einsatz unterstreicht das Engagement und die Einsatzbereitschaft unsere Crew." Michael Bradley sei übrigens gut ausgeruht gewesen, habe vier Tage frei gehabt, und gesetzlich berechtigt, das Flugzeug zu fliegen.

Der betroffene Flug, das ist der Firma noch wichtig, "war aufgrund der technischen Panne des Planungs-und Kontrollsystem der französischen Zivilluftfahrtbehörde am Sonntag verspätet. Dies hatte Auswirkungen auf unsere Besatzung und wir mussten auf Standby-Ressourcen in unserem Netzwerk zurückgreifen."

Wie auch immer: Gut für die Billig-Fluglinie. Und gut für Michael Bradley. Und schönen Urlaub übrigens. (Und denk daran, dir die Arbeitszeit gutschreiben zu lassen!)

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