SZ-Kolumne "Mitten in ...":Geschmort mit Sauerkraut

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(Illustration: Marc Herold) (Foto: Marc Herold)

Es ist ein Vorurteil, dass Chinesen Hunde essen: Das dachte auch der SZ-Korrespondent in Peking. Bis er in die Provinz Guangxi reiste. Drei Anekdoten aus aller Welt.

Mitten in ... Yangshuo

Ein Vorurteil über China ist ja: Die essen Hunde. Doch hatte ich des Menschen angeblich besten Freund bislang noch nirgends auf der Speisekarte gesehen. Und seit dem Jahr 2020 dürfen Hunde auch nicht mehr fürs Schlachten gezüchtet werden, einige Städte haben den Verzehr sogar komplett verboten. So dachte ich, es sei mittlerweile wirklich nur noch ein Vorurteil. Bis ich nach Yangshuo in der Provinz Guangxi ganz im Süden kam. Und siehe da: Ein Restaurant preist geschmorten Hund auf Sauerkraut an. Als neugieriger Mensch dachte ich, nach Schnecken, Schlangen und Vogelnest musst du das jetzt auch probieren. Gesagt, getan: Es roch ein wenig streng, aber das Hundefleisch war besser als das mitbestellte Rind. Nur dem bettelnd unterm Nachbartisch hockenden Pudel wollte ich dann doch keinen Knochen zuwerfen. Florian Müller

(Illustration: Marc Herold) (Foto: Marc Herold)

Mitten in ... Güssing

So stellt man sich die Warteschlange vor der Arche Noah vor: Katzen in Transportboxen, Pferde an der Leine, Hühner unter dem Arm, Schildkröten in Schuhkartons - alles, was zwei Beine oder mehr hat, wird zur Tierweihe in Güssing angeschleppt. Wobei, stimmt gar nicht: Beine sind keine Voraussetzung zur Teilnahme. Die kleine Theresa hat ein Einmachglas mitgebracht. Ein Goldfisch? Nein, zwei Garnelen. Die Eltern haben nämlich eine Fischzucht zu Hause. Der ein oder andere Teddybär ist auch dabei. Der Pfarrer schließt in seine Gebete alle ein: "Wir beten, dass den Tieren und Kuscheltieren kein Leid widerfährt." Und dann regnet es Weihwasser. In Österreich werden übrigens nicht nur Tiere gesegnet, sondern auch das Fleisch an Ostern. Dass die anwesenden Schweine also vermutlich später noch einmal zur Weihe kommen, hat den Kindern keiner gesagt. Valentina Reese

(Illustration: Marc Herold) (Foto: Marc Herold)

Mitten in ... Exanthia

Eine Taverne an der einzigen Straße, die durchs Bergdorf Exanthia auf der Insel Lefkas führt. Der Wirt murmelt die Speisekarte durch seinen Rauschebart: Choriatiki, Tsatsiki, Souvlaki. Auf Touristen ist man nicht eingestellt, sie sind eher eine vorübergehende Erscheinung. Die meisten ziehen eins weiter zum Influencer-Lokal mit Selfie-Panoramaterrasse. Auf einmal aber füllt sich die Taverne, gut 50 Dorfbewohner scharen sich um zwei Herren. Ein vitaler Greis, weißhaarig und knorrig, redet mit Verve. Doch die Handykameras richten sich auf den jüngeren im Anzug. Wie sich herausstellt, findet eine Bürgerversammlung statt. Der eine, heißt es, sei Juri, der Dorfälteste. Der andere Carlos, "the President". Nachname? Schulterzucken, man kennt sich von Kindheit an. Dorfleben hautnah, mit der Lokalprominenz per Du: Die Influencer-Bar kann einpacken. Violetta Simon

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