Erdbeben-Katastrophe:Hoffnung auf Überlebende in Marokko schwindet

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Ein Mann steht inmitten der Trümmer von Amizmiz, südwestlich von Marakesch. (Foto: IMAGO/Lafargue Raphael/ABACA)

Mehr als 2860 Tote, mindestens 2560 Verletzte: Am vierten Tag nach dem Erdbeben arbeiten Einsatzkräfte am Rande der Erschöpfung. Hilfe kommt nur langsam - für viele zu spät.

In den schwer zugänglichen Erdbebengebieten in Marokko arbeiten Einsatzkräfte bei der Suche nach Überlebenden am Rande der Erschöpfung. Teils mit bloßen Händen versuchen sie, sich bei großer Hitze durch Schutt und Trümmerhaufen vorzukämpfen. Doch die Hoffnung, am vierten Tag nach dem schweren Erdbeben vom Freitagabend Menschen noch lebend zu finden, schwindet von Stunde zu Stunde.

Dutzende Dörfer seien zerstört, berichtete die marokkanische Nachrichtenseite Hespress. Die Einwohner müssten nicht nur die Toten bergen und begraben, es mangele auch an Lebensmitteln und Wasser. Der Einsatzleiter eines britischen Hilfstrupps warnte im Sender BBC vor einem steigenden Krankheitsrisiko, wenn sich die Hilfe weiter verzögere. Die Einsatzkräfte versuchten unterdessen weiter, in entlegene Bergdörfer vorzudringen. Mit schwerem Gerät wie Bulldozern arbeiteten sie daran, in dem zerklüfteten Gelände Straßen von Geröll zu befreien, damit Krankenwagen nach Erdrutschen durchkommen.

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Die marokkanische Regierung steht angesichts dieser verzweifelten Situation in den Katastrophengebieten unter wachsendem Druck, mehr internationale Hilfe anzunehmen. Auch Deutschland bot dem nordafrikanischen Land erneut Unterstützung an. Bislang zeigte die Regierung in Rabat daran jedoch kein Interesse. Marokko habe sich aber für das Angebot bedankt, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes.

Bisher hat Marokko nur Hilfe aus Spanien, Großbritannien, Katar, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Saudi-Arabien akzeptiert. Beamte des Landes rechtfertigten dies damit, dass es ihrer Einschätzung nach zu chaotisch wäre, wenn plötzlich Teams aus der ganzen Welt in Marokko eintreffen würden.

2862 Tote, 2562 Verletzte - und unzählige Vermisste

Nach Angaben der Regierung wurden bis Montagabend mindestens 2862 Tote gezählt, mindestens 2562 weitere Menschen wurden verletzt, viele von ihnen schwer. Zahlreiche Menschen werden noch vermisst. Es wird daher befürchtet, dass die Zahl der Toten noch weiter steigt.

Die Behörden hätten mittlerweile Feldlazarette in der Nähe des Epizentrums eingerichtet, um dort Verletzte zu versorgen, sagte Justizminister Abdel Latif Wehbe dem arabischen Fernsehsender Al-Arabiya am Montag. Derzeit könne man die genaue Anzahl der Toten und Schäden nicht klären.

Am Montag warfen Militärhubschrauber Hilfspakete über schwer zugänglichen Bergregionen ab. Die Bevölkerung brauche neben humanitärer Hilfe auch psychologische Unterstützung, erklärte die Hilfsorganisation Care. "Neben den enormen physischen Verwüstungen wiegt vor allem auch der emotionale Schaden, der von dem erlebten Grauen und der ausgestandenen Angst verursacht wurde, sehr schwer", sagte Hlima Razkaoui, Generalsekretärin von Care Marokko, in einem Bericht.

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