Großbritannien:Londoner Polizei ist laut Untersuchung sexistisch und rassistisch

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Die Londoner Polizei, im Bild bei den Trauerfeierlichkeiten für Königin Elizabeth II., kommt in einem Untersuchungsbericht gar nicht gut weg. (Foto: Victoria Jones/afp)

Ein Bericht zeigt die Polizei in einem schlimmen Zustand. Auch die Arbeitsbedingungen seien unvorstellbar. Der Report wurde in Auftrag gegeben, nachdem ein Polizist eine Frau vergewaltigt und ermordet hatte.

Institutionell rassistisch, frauenfeindlich und homophob - so urteilt ein Untersuchungsbericht über die Londoner Polizei, der in der Nacht zum Dienstag veröffentlicht wurde. Gewalt gegen Frauen und Mädchen sei nicht ernst genommen worden. Die Autorin des Berichts, Louise Casey, forderte die Metropolitan Police (Met) zu tiefgreifenden Änderungen auf. "Es ist nicht unsere Aufgabe als Öffentlichkeit, uns vor der Polizei zu schützen. Es ist die Aufgabe der Polizei, uns Bürger zu schützen", sagte Casey. Zu viele Londoner hätten das Vertrauen in die Polizei verloren.

Der 363 Seiten lange unabhängige Bericht sei drastisch, hart und schonungslos, sagte Casey, die als unabhängige Abgeordnete im Oberhaus sitzt. So gebe es weit verbreitetes Mobbing in der Behörde. "Beamtinnen und weibliche Beschäftigte sehen sich routinemäßig mit Sexismus und Frauenfeindlichkeit konfrontiert", heißt es darin. "Die Met hat ihre weiblichen Angestellten oder Mitglieder der Öffentlichkeit weder vor Tätern in der Polizei, die häusliche Gewalt anwenden, noch vor denen geschützt, die ihre Position für sexuelle Zwecke missbrauchen." Es gebe zudem rassistische Beamte und Beschäftigte sowie "tief sitzende Homophobie", urteilte Casey.

Louise Casey stellte den Untersuchungsbericht zur Met vor. (Foto: WPA Pool/Getty Images)

Der Bericht war in Auftrag gegeben worden, nachdem im März 2021 ein Polizist die 33-jährige Londonerin Sarah Everard unter Einsatz seines Dienstausweises entführt und anschließend vergewaltigt und ermordet hatte. Doch auch nach der Verurteilung des Täters zu lebenslanger Haft treten immer neue Skandale zutage. Erst im Februar wurde ein Beamter, der in derselben Einheit diente wie der Everard-Mörder, zu jahrzehntelanger Haft verurteilt - er hatte über einen Zeitraum von fast 20 Jahren ein Dutzend Frauen immer wieder vergewaltigt und missbraucht.

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Auf die Frage, ob es in der Met noch mehr kriminelle Beamte geben könnte, antwortete die ehemalige Regierungsbeschäftigte Casey: "Ich kann Ihnen nicht ausreichend versichern, dass dies nicht der Fall ist." Erst am Montag wurde bekannt, dass mehr als 100 Polizisten, gegen die wegen sexuellen Fehlverhaltens ermittelt wird, regulär im Dienst sind.

Zur sexistischen, rassistischen und homophoben Kultur kommen kaum vorstellbare Arbeitsbedingungen hinzu. So müssten Beamte ihre Beweismittel in "überfüllten, baufälligen oder kaputten Kühl- und Gefrierschränken" verstauen. Manche Geräte seien so voll, dass sie zugeschnallt werden müssten. In einem Fall sei eine Lunchbox im selben Kühlschrank aufbewahrt worden, in dem eine Probe aus einem Vergewaltigungsfall lag. Ein anderer Kühlschrank sei kaputt gegangen, die dort aufbewahrten Beweismittel seien dadurch unbrauchbar gewesen. Der größte Teil der Belegschaft sei überarbeitet und unerfahren, heißt es im Bericht.

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