Mehrere Mitglieder einer arabischstämmigen Großfamilie sind in Düsseldorf unter anderem wegen bandenmäßigen Sozialbetrugs zu Haftstrafen verurteilt worden. Der Fall hatte bundesweit Aufsehen erregt, weil die Familie insgesamt fast eine halbe Million Euro Sozialhilfe und Krankenkassenbeiträge erschlichen hatte, obwohl sie über ein beträchtliches Vermögen verfügte.
Das Familienoberhaupt wurde am Donnerstag wegen Geiselnahme und bandenmäßigen Sozialbetrugs zu sechs Jahren Haft verurteilt, zwei seiner Söhne erhielten jeweils drei Jahre Haft wegen gefährlicher Körperverletzung sowie gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs. Die Ehefrau des Familienoberhaupts erhielt zwei Jahre Haft, ein weiterer Sohn ein Jahr und neun Monate, die in beiden Fällen zur Bewährung ausgesetzt wurden. Die Angeklagte hätten sich "Straftaten multipler Art" zuschulden kommen lassen, sagte der Vorsitzende Richter. Das 1700 Quadratmeter große Grundstück in Leverkusen, auf dem das Anwesen der Familie stehe, werde eingezogen, ordnete das Landgericht am Donnerstag an.
Dem Urteil war eine Strafabsprache vorangegangen, in deren Zuge die Angeklagten Geständnisse abgelegt hatten. Ihre Clan-Zugehörigkeit habe nicht strafverschärfend gewirkt, wohl aber die banden- und gewerbsmäßige Begehung des Betrugs, sagte der Richter. So hätten sie das Jobcenter Leverkusen mit falschen oder unterbliebenen Angaben veranlasst, insgesamt 462 000 Euro Sozialhilfe und Krankenkassenbeiträge für die Familienmitglieder auszuzahlen. Trotz erheblichen Vermögens hätten die Familienmitglieder - im Finanztopf der Familie hätten sich stets zwischen 100 000 und 300 000 Euro befunden - bis Ende Juni 2021 mehr als sechs Jahre lang Sozialleistungen vom Jobcenter bezogen.
Mit einer Gemüsekiste das Nasenbein zertrümmert
Die Behörde zahlte der zehnköpfigen Familie jeden Monat knapp 5200 Euro aus Steuergeld aus. Mit dem Geld tilgte die Familie unter anderem das Darlehen für ihr Anwesen mit 300 Quadratmetern Wohnfläche in Leverkusen, auf das sie mehrere Bedarfsgemeinschaften angemeldet hatte. Die Polizei hatte das Haus in Leverkusen gestürmt und durchsucht, sechsstellige Summen Bargeld und Luxusuhren im Wert von 160 000 Euro beschlagnahmt. Daneben hätten Familienmitglieder einen Mann auf der Straße aufgegabelt und im schallisolierten Hinterzimmer einer Shisha-Bar zusammengeschlagen und damit gedroht, ihn umzubringen. So wollte man ihn dazu bringen, Informationen preiszugeben. Ein weiteres Opfer sei noch am Boden liegend geschlagen und getreten worden. Mit einer Gemüsekiste sei ihm das Nasenbein zertrümmert worden.
"Mit Einkünften aus Straftaten haben die Angeklagten ein erhebliches Vermögen angehäuft", hatte der Staatsanwalt beim Prozessauftakt vor einem halben Jahr gesagt. "Sie trugen Rolex-Uhren und fuhren Mercedes S-Klasse." Angeklagt waren auch Fälle von Schutzgelderpressung, diese fanden sich im Urteil aber nicht wieder.
Die Verteidiger hatten im Falle des Sozialbetrugs milde Strafen gefordert, weil das Jobcenter es ihren Mandanten sehr leicht gemacht habe. Der niedrigschwellige Zugang zum Sozialsystem auch für Menschen mit geringem Bildungsniveau sei aber politisch gewollt. Die Strafkammer halte den niedrigschwelligen Zugang ebenfalls für richtig, betonte der Richter. Daraus lasse sich aber keine geringere Schuld ableiten.
Strafmildernd wertete das Gericht, dass das Familienoberhaupt als Analphabet während der Untersuchungshaft keinen Kontakt zu seiner Familie habe halten können. Der Mann ist inzwischen gegen Zahlung einer Kaution von 80 000 Euro auf freiem Fuß.