Prozesse:„Kinderzimmer-Dealer“: Wollte nichts mit Drogen zu tun haben

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Der als „Kinderzimmer-Dealer“ bekannt gewordene 27 Jahre alte Leipziger sitzt zu Prozessbeginn in einem Saal im Landgericht Leipzig. (Foto: Hendrik Schmidt/dpa/Archivbild)

Beteiligung ja, Führungsfigur nein - im Prozess wegen mutmaßlicher Online-Drogengeschäfte sagt der 28-Jährige umfassend aus. Das Programmieren habe für ihn im Vordergrund gestanden, sagt er.

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Leipzig (dpa) - Im Prozess gegen einen als „Kinderzimmer-Dealer“ bekannt gewordenen 28-Jährigen hat dieser vor dem Landgericht in Leipzig seine Beteiligung an Drogengeschäften gestanden. „Für mich stand fest, dass ich nichts außer dem Programmieren damit zu tun haben möchte“, sagte der Leipziger am Montag. Neben der Programmierung eines Online-Shops für den Handel habe er zudem eine Software für die Abarbeitung der Bestellungen entwickelt. „Es war abgemacht, dass ich mich jederzeit ausklinken kann“, sagte er.

Die Staatsanwaltschaft wirft insgesamt fünf Angeklagten vor, in unterschiedlichem Ausmaß am Handel über einen frei zugänglichen Web-Shop beteiligt gewesen zu sein. Als Bande sollen sie ab April 2019 unter anderem 16,5 Kilogramm Amphetamin und 2,5 Kilogramm Haschisch verkauft haben.

Laut Staatsanwaltschaft soll der 28-Jährige als Kopf der Gruppe agiert haben - was dieser bestritt: Er habe mit der Bestellung, Verpackung oder Versendung der Drogen nichts zu tun gehabt. „Ich wollte auf keinen Fall nach außen in Verbindung mit dem Shop gebracht werden. Sie müssen verstehen, ich habe das früher schon mal gemacht - alleine - und das ist schon schief gegangen“, sagte der 28-Jährige.

Die Initiative zum Aufbau des Shops sei von einem der vier mitangeklagten Männer ausgegangen, sagte er. Diesen habe er im Herbst 2018 im offenen Vollzug kennengelernt. Er habe sich schnell an seinen Mithäftling gehalten, den er als „sympathischen Kerl“ wahrgenommen und in ihm einen Freund, Beschützer und großen Bruder gesehen habe. „Ich fühlte mich ernstgenommen.“ Bei der Entwicklung des Shops sei ihm wichtig gewesen, dass „das Projekt nicht in alle Ewigkeit“ betrieben werde. Geholfen habe er, da er hoch verschuldet gewesen sei und für seine Arbeit Geld bekommen habe, so der 28-Jährige. Zur Höhe des Betrags machte der Angeklagte keine Angaben.

Die Geschichte des Mannes war Vorlage für ein Filmprojekt des Streaming-Anbieters Netflix: die Serie „How to Sell Drugs Online (Fast)“, von der es mittlerweile drei Staffeln gibt. Er war bereits 2015 zu sieben Jahren Jugendstrafe verurteilt worden, weil er damals einen ähnlichen Drogenshop aufgezogen hatte. Die Ware verpackte und versendete er aus seinem Kinderzimmer in Leipzig.

In seiner Einlassung im Prozess am Montag sprach der Mann unter anderem auch über sein Aufwachsen in Möckern, einem Stadtteil im Leipziger Norden. Demnach habe er „zeitweise nur eine Handvoll Freunde gehabt“ und sich bereits als Kind stark für Computer und das Internet interessiert. In der Schule habe er sich oft gelangweilt.

In einem der vorherigen Verhandlungstermin hatten zwei der fünf Angeklagten im Alter zwischen 24 und 42 Jahren zugegeben, als Beihelfer an den Drogengeschäften beteiligt gewesen zu sein. Die übrigen zwei Angeklagten, darunter ein Rechtsanwalt, haben sich bislang noch nicht zu den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft geäußert.

Der nächste Verhandlungstermin ist für den 2. März geplant. Mit einem Urteil wird nicht vor Juni gerechnet. Bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens gilt für die Angeklagten die Unschuldsvermutung.

© dpa-infocom, dpa:230227-99-758335/3

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