Kiel:Schwager erschossen: 34-Jähriger muss lebenslang in Haft

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Kiel (dpa/lno) - Er saß da wie an den sechs Verhandlungstagen zuvor: in sich gekehrt, die kräftige Body-Builder-Figur nach vorn gebeugt, den Kopf gesenkt. Dann klickten erneut die Handschellen: Für drei tödliche Schüsse in den Kopf seines Schwagers muss ein 34-Jähriger lebenslang in Haft. Das Kieler Landgericht erkannte nach sechs Verhandlungstagen am Donnerstag auf heimtückischen Mord. Eine Notwehrsituation, wie sie der Angeklagte geltend machte, wies die Kammer unter dem Vorsitzenden Richter Jörg Brommann als gelogen zurück.

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Kiel (dpa/lno) - Er saß da wie an den sechs Verhandlungstagen zuvor: in sich gekehrt, die kräftige Body-Builder-Figur nach vorn gebeugt, den Kopf gesenkt. Dann klickten erneut die Handschellen: Für drei tödliche Schüsse in den Kopf seines Schwagers muss ein 34-Jähriger lebenslang in Haft. Das Kieler Landgericht erkannte nach sechs Verhandlungstagen am Donnerstag auf heimtückischen Mord. Eine Notwehrsituation, wie sie der Angeklagte geltend machte, wies die Kammer unter dem Vorsitzenden Richter Jörg Brommann als gelogen zurück.

Dennoch blieben in der fast zweistündigen Urteilsbegrünung viele Fragen offen. So konnte das Tatmotiv nicht geklärt werden. Auch die Frage nach möglichen Mittätern sei offengeblieben. Dafür rügte der Richter scharf das Aussageverhalten von Zeugen armenischer Herkunft, die „gemauert“ hätten. „Das Bild, das da über armenische Männer entstanden ist, kann man nur als verheerend bezeichnen - jedenfalls was ihre Rechtstreue angeht“, sagte er.

Wie Staatsanwalt und Nebenklage hielt es die achte Strafkammer nach Auswertung der Spuren und Beweise für erwiesen, dass sich der 34-Jährige im August 2016 unbemerkt an sein Opfer heranschlich und drei Mal abdrückte. Das 31 Jahre alte Opfer sei arg- und wehrlos gewesen, als zwei Kugeln den Schädel durchschlugen. Eine dritte Kugel blieb im Kopf stecken. Der Mann erstickte an seinem Blut.

Der Angeklagte wurde wenig später widerstandslos festgenommen - mit erhobenen Händen vor einer Autowerkstatt auf einem ehemaligen Schlachthofgelände in Rendsburg - mit Blutspuren an Händen und Gesicht. Sein Schwager hatte dort gerade einen Wagen gekauft und saß auf dem Fahrersitz in Jogginghose, T-Shirt und Flip-Flops, als ihn die Schüsse trafen.

Dass die drei Kugeln in der linken Kopfseite in der Nähe des Ohres eindrangen, ist für die Richter ein Hauptbeweis, dass das Opfer im Augenblick seines Todes nach vorne geblickt habe, ahnungslos, arg- und wehrlos. Die Darstellung des Angeklagten, der Schwager habe ihn vor den Schüssen mit der Tatwaffe bedroht, die er dem Mann dann habe entwinden können, glaubte das Gericht nicht. Auch seine Behauptung, er habe geschossen, weil der Schwager plötzlich eine zweite Waffe unter dem Steuer durchgeladen habe, sah es als widerlegt an.

Demgegenüber zeigte sich die Kammer von einem ganz anderen Tathergang überzeugt: Der Angeklagte habe die Tat geplant. Er sei in der Halle eingetroffen, um den Schwager zu töten. Mit einem Handschuh habe er die Waffe gehalten und abgedrückt, bevor der Schwager ihn überhaupt bemerken konnte. „Der Angeklagte war entschlossen, ihn zu töten“, sagte Brommann.

Der Vorsitzende räumte ein, dass vieles offen geblieben sei. So habe die Kammer kein Tatmotiv feststellen können. Im Ergebnis glaube die Kammer nicht an eine Notwehrlage und auch nicht, dass es für den Angeklagten eine Drucksituation durch den Schwager gegeben habe.

Der Angeklagte hatte über seinen Verteidiger erklären lassen, sein in kriminelle Machenschaften verwickelter Schwager habe ihn für Straftaten anwerben wollen und ihn und seine Familie bedroht, weil er das abgelehnt habe. Am Tattag habe er mit ihm eine Aussprache gesucht.

Verteidiger Dirk Meinicke hatte wegen eines Notwehrexzesses auf Freispruch plädiert. Er kündigte umgehend Revision an. Staatsanwaltschaft und Nebenklage zeigten sich zufrieden, dass das Gericht im Wesentlichen ihren Argumenten folgte. Die Witwe des Opfers geht von mehreren Mittätern aus, wie sie nach dem Urteil sagte. Gegen mindestens eine Person soll die Staatsanwaltschaft angeblich im Zusammenhang mit der Tat ermitteln.

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