Kommunen:Immer mehr Kommunen wollen ukrainische Städtepartnerschaften

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Ein Mann trägt während einer Demonstration gegen den russischen Angriff auf die Ukraine Luftballons in den Farben der Ukraine. (Foto: Sebastian Gollnow/dpa)

Seit Februar 2022 führt Russland einen Krieg gegen die Ukraine. Auch um zu helfen, bringen etliche Kommunen Partnerschaften mit ukrainischen Städten auf den Weg. Wer ist im Land wie weit?

Von Bernadette Winter und Birgit Reichert, dpa

Trier (dpa/lrs) - Die Stadt Trier strebt eine Partnerschaft mit einer ukrainischen Stadt an. Koblenz hat die Weichen für solch ein Bündnis bereits gestellt und Ludwigshafen ist noch einen Schritt weiter: Seit Ende 2022 besteht dort eine Partnerschaft mit der ukrainischen Stadt Swjahel. Ganz klar: Mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine beschäftigen sich immer mehr Kommunen in Rheinland-Pfalz und auch im Saarland mit der Frage, ob sie Partnerschaften mit jeweils vergleichbaren Städten in der Ukraine eingehen sollen.

Den Menschen in den verbundenen Städten in Zeiten des Krieges zu helfen - das ist für viele einer der Hauptgründe einer solchen Partnerschaft. Zumindest zunächst. Wie die Bemühungen in Rheinland-Pfalz und im Saarland aussehen?

Auf den Weg gemacht

In Trier hat der Stadtrat vor kurzem beschlossen, sich auf die Suche nach einer potenziellen ukrainischen Stadt für eine Partnerschaft zu machen. Eine Städtepartnerschaft könnte „eine wertvolle Bereicherung“ für beide Seiten sein, hatte der FDP-Fraktionsvorsitzende Tobias Schneider gesagt. „Es gehe dabei nicht nur um den humanitären Aspekt, sondern auch um den Austausch und die gegenseitige Unterstützung beider Städte - vor allem auf Ebene der Bürgerinnen und Bürger.

„Wir wünschen uns, dass neben der humanitären Hilfe auch wirtschaftspolitisch, jugendpolitisch, kulturell, sportlich ein Austausch stattfinden kann.“ Trier stehe an der Seite der Menschen in der Ukraine, die Hilfsbereitschaft sei groß. Jetzt sollen Vorschläge für Städte gesucht und Finanzierungsmöglichkeiten geklärt werden. Und: Die bisherigen Partnerstädte von Trier sollen dann animiert werden, sich dieser Partnerschaft anzuschließen.

In Koblenz hatte der Stadtrat im März beschlossen, mit der westukrainischen Stadt Iwano-Frankiwsk eine Partnerschaft eingehen zu wollen. Derzeit würden die Details zwischen den Gemeinden besprochen, erklärte ein Sprecher der Stadt. Eine formale Partnerschaft bestehe also noch nicht.

Schon konkret

Ludwigshafen ist bereits weiter. Seit Dezember vergangenen Jahres ist die ukrainische Stadt Swjahel Partnerstadt von Ludwigshafen. Sie stünden gemeinsam für Frieden und Freiheit, für Menschlichkeit, Völkerrecht und Demokratie, teilte eine Sprecherin der Stadt Ludwigshafen mit. Swjahel, das bis November 2022 Novograd-Volynskij hieß, sei ausgewählt worden, weil über einen Ludwigshafener Verein bereits mehrere Hilfsprojekte für die Stadt organisiert worden seien. Swjahel hat den Angaben zufolge rund 56 000 Einwohnerinnen und Einwohner. Es liegt zwischen Lemberg und Kiew.

Die meisten dieser Partnerschaften entstünden dank der Aktivitäten der Vereine oder durch Privatinitiativen der Bürgerinnen und Bürger, teilte die rheinland-pfälzische Landesregierung auf Anfrage mit. Insgesamt acht kommunale Partnerschaften seien derzeit bekannt, neben Ludwigshafen sind auch Bendorf, Mayen oder Neustadt an der Weinstraße beteiligt.

Plant die Landesregierung auch eine Partnerschaft mit einer Region in der Ukraine? Das Land gehe einen eigenen Weg auf Basis der Erfahrungen der regionalen Partnerschaften mit Burgund-Franche-Comté und Ruanda. „Wir begannen immer mit kommunalen Partnerschaften und bauten darauf die regionalen Partnerschaften auf“, teilte eine Sprecherin der Landesregierung in Mainz mit.

Was der Deutsche Städtetag sagt

Vor Kriegsbeginn gab es 73 Städte-Partnerschaften oder -Freundschaften deutscher und ukrainischer Städte. „Inzwischen sind viele Städte neu dazugekommen“, sagte Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy. Derzeit liege die Zahl bundesweit bei 167 formalisierten und nicht formalisierten Partnerschaften. „Unsere Städte stehen fest an der Seite der Menschen in der Ukraine. Wir leisten weiterhin humanitäre Hilfe und wollen den Wiederaufbau der Ukraine unterstützen“, sagte er.

Der Deutsche Städtetag unterstütze den Appell von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, weitere deutsch-ukrainische Partnerschaften zwischen Städten, Kreisen und Gemeinden sowie zwischen kommunalen Unternehmen zu begründen und so das bestehende Netzwerk auszubauen.

Wie sieht es im Saarland aus?

Im Saarland ist der Saarpfalz-Kreis bereits vor sechs Jahren eine Partnerschaft mit dem ukrainischen Bezirk (Rajon) Pustomyty in der Oblast Lemberg eingegangen. Diese ist seit April 2022 auf den Rajon Lemberg ausgeweitet worden. Die Partnerschaft mit Lemberg sei von Anfang an geprägt gewesen von kulturellen Begegnungen, Schulaustauschen und persönlichen Begegnungen. Unmittelbar nach Kriegsausbruch konnten die guten Kontakte „sehr schnell und wirksam“ für Hilfeleistungen aus dem Saarpfalz-Kreis genutzt werden, hieß es.

Darüber hinaus strebt die saarländische Landesregierung eine Partnerschaft mit dem Bezirk (Oblast) Lemberg an. Für November ist nach Angaben der stellvertretenden Regierungssprecherin eine Delegationsreise in die Region Podkarpackie geplant. Dann solle auch die Partnerschaft mit der Oblast unterzeichnet werden.

Die Stadt Saarbrücken hat Mitte Juni einen Vertrag zur Solidaritätspartnerschaft mit der ukrainischen Stadt Kowel geschlossen. Laut Vertrag werden beide Städte freundschaftliche Beziehungen fördern und pflegen, indem sie gemeinsame Begegnungen ermöglichen und einander die jeweiligen Kulturen vermitteln.

Darüber hinaus sagen sich beide Städte gegenseitigen Beistand im Falle von Krieg, Krisen und Katastrophen zu, insbesondere die Unterstützung von Geflüchteten. Diese Solidaritätspartnerschaft ist zunächst zeitlich befristet, bis ein „kriegsbedingter Unterstützungsbedarf“ endet.

© dpa-infocom, dpa:230718-99-438865/2

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