Großbritannien:Der Zeremonienmeister der Queen

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"No fuss", so lautete der Wunsch Prinz Philips für sein Begräbnis, doch seine Vorstellungen waren sehr detailliert. Umsetzen muss sie Protokollchef Andrew Parker.

Von Alexander Mühlauer

Viel Zeit blieb Andrew Parker wahrlich nicht, um seinen neuen Arbeitsplatz kennenzulernen. Der Lord ist erst seit Anfang April am britischen Hof tätig und muss schon jetzt eine Zeremonie organisieren, wie es sie in dieser Form noch nie im Vereinigten Königreich gegeben hat: das Begräbnis des Ehemanns der Königin. Der Abschied vom Duke of Edinburgh stellt Parker vor eine besondere Herausforderung, nicht nur weil wegen der Corona-Beschränkungen nur 30 Gäste an der Beerdigung in Windsor teilnehmen dürfen.

Dass die Trauerfeier am kommenden Samstag nur im engen Familienkreis stattfinden kann, dürfte ganz im Sinn des Verstorbenen sein. Denn bereits vor seinem Tod hatte Prinz Philip betont, dass kein zu großes Aufheben um seine Beerdigung gemacht werden solle - "no fuss" soll sein Wunsch gewesen sein, wie es im Englischen so schön und knapp heißt. Und so ist im Palast die Rede von einem letzten Coup des Duke, der wohl erfreut gewesen wäre, dass die Pandemie allzu hochtrabenden Plänen einen Strich durch die Rechnung macht.

Es ist nun die Aufgabe von Andrew Parker, die ziemlich genauen Vorstellungen von Prinz Philip umzusetzen. Er bekleidet die Funktion des Lord Chamberlain im Palast, er ist "Senior Officer of the Royal Household", wie es offiziell heißt. Dieser Hofbeamte koordiniert die Geschäfte des königlichen Haushalts und ist für die Kommunikation zwischen dem Souverän und dem House of Lords zuständig. Soweit, so alltäglich. Besonders wird es immer dann, wenn es um Zeremonielles geht, denn auch dafür ist der Lord qua Amt verantwortlich. Dazu zählen Staatsbesuche, königliche Gartenpartys sowie Hochzeiten und Beerdigungen.

Den Posten des Lord Chamberlain (früher auch King's Chamberlain genannt) gibt es seit dem Mittelalter. Derjenige, der dieses Amt innehatte, war in vergangenen Zeiten auch eine politische Schlüsselfigur, da er als eine Art Sprecher des Souveräns im Parlament fungierte. Der Lord Chamberlain wacht über den weißen Stab, der symbolisch über dem Grab eines verstorbenen Monarchen gebrochen wird. Zuletzt fand dieser symbolische Akt im Jahr 1952 statt, nach dem Tod von König George VI.

Für Andrew Parker muss es eine Ehre sein, dieses historisch so bedeutsame Amt ausführen zu dürfen. Als er in diesem Jahr von der Queen zum Lord Chamberlain ernannt wurde, war er im Königshaus kein Unbekannter. Als früherer Leiter des britischen Inlandsgeheimdienstes MI5 hatte er immer wieder mit dem Palast zu tun, vor allem wenn es darum ging, Sicherheitskonzepte für besondere Anlässe auszuarbeiten. Der heute 59-jährige Parker begann seine Beamtenlaufbahn 1983 beim MI5. 20 Jahre später wurde er dessen Generaldirektor. In seine Amtszeit fielen mehrere Terroranschläge und die Affäre um den russischen Ex-Spion Sergej Skripal.

Andrew Parker stammt aus dem Nordosten Englands und studierte Naturwissenschaften am Churchill College der Universität Cambridge. Er gilt als leidenschaftlicher Beobachter von Vögeln. Dafür dürfte ihm durchaus Zeit bleiben, denn der Posten des Lord Chamberlain ist im Königshaus nicht als Vollzeit-Job eingestuft. Das Jahresgehalt beläuft sich auf etwa 90 000 Pfund, umgerechnet also gut 103 000 Euro.

Man kann allerdings davon ausgehen, dass Andrew Parker zumindest in dieser Woche ausgelastet sein dürfte. Auch wenn seit dem Tod von Prinz Philip am vergangenen Freitag eine Trauerzeit im Königshaus gilt, wollen nicht nur die britischen Medien alles, aber auch wirklich alles über das Begräbnis des Duke of Edinburgh wissen.

Seit dem Wochenende sind nun die Grundzüge des königlichen Protokolls für die Trauerfeier am 17. April bekannt. Wie es aussieht, hatte Prinz Philip den Ablauf vor seinem Tod bereits minutiös geplant. Nun kommt es darauf an, dass Andrew Parker davon so wenig wie möglich abweicht. Am besten gar nicht.

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