Hauptbahnhof Köln:Geiselnehmer ist wohl polizeibekannt

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  • Nach der Geiselnahme am Kölner Hauptbahnhof sind am Tatort Duldungspapiere eines 55 Jahre alten Syrers gefunden worden. Die Ermittler sagten jedoch, dass die Identität des Täters noch nicht eindeutig geklärt sei.
  • Die Polizei hält auch einen Anschlag für möglich. Der Geiselnehmer habe Molotow-Cocktails und Gas-Kartuschen bei sich gehabt.
  • Der Mann wurde beim Zugriff durch Polizisten schwer verletzt und am Abend notoperiert.

Von Jana Stegemann, Düsseldorf

Eine Geiselnahme in einer Apotheke an der Rückseite des Hauptbahnhofs hat Köln und weite Teile des Zugverkehrs in Nordrhein-Westfalen am Montagnachmittag lahmgelegt. Kurz vor 13 Uhr waren bei der Polizei Notrufe eingegangen, wonach ein bewaffneter Mann eine Frau in einer Apotheke im Bahnhofsgebäude in seine Gewalt gebracht habe.

Nachdem die Polizei telefonischen Kontakt zu dem Mann aufgenommen hatte, bereitete sie den Zugriff vor und drang in die Apotheke ein. Der Geiselnehmer hatte sich dort mit Brandbeschleunigern und Gaskartuschen verschanzt. Die Frau hatte er bereits mit Benzin überschüttet, er drohte, sie anzuzünden. Um 15.04 Uhr twitterte die Polizei: "Der Täter ist unter Kontrolle." Die Frau erlitt mittelschwere Verletzungen, als sie befreit wurde. Der Geiselnehmer musste reanimiert und notoperiert werden, über sein Motiv ist daher noch nichts bekannt. Er forderte freien Abzug für sich und einen Flug nach Syrien. Teilweise soll er wirr geredet haben. Über einen arabisch sprechenden Mann kommunizierte die Polizei telefonisch mit ihm. Dies teilte die Polizei auf einer Pressekonferenz am Montagabend mit. Es hieß zudem, Passanten hätten gesagt, dass der Mann gerufen habe, er gehöre zur Terrorgruppe IS. Die Polizei fand am Tatort ein Aufenthaltsdokument der Stadt Köln mit Duldung bis 2021. Demnach handelt es sich um einen 55-jährigen syrischen Asylbewerber, der der Kölner Polizei seit 2016 wegen Delikten wie Diebstahl, Drogen und Körperverletzung bekannt war.

"Terroranschlag nicht ausgeschlossen"

Der Mann habe der Polizei außerdem vor einiger Zeit einen Hinweis auf einen möglichen Islamisten gegeben. Der Geiselnehmer sei mit "hoher Wahrscheinlichkeit" der Passinhaber. Die Ermittler betonten aber, dass die Identität des Täters noch nicht eindeutig geklärt sei. Kölns stellvertretende Polizeipräsidentin Miriam Brauns sagte auf der Pressekonferenz auch, dass "ein Terroranschlag nicht ausgeschlossen wird, wir ermitteln in alle Richtungen".

Vor dem Zugriff um 14.54 Uhr durch ein Spezialeinsatzkommando waren zwei Detonationen zu hören gewesen, dabei soll es sich um Blendgranaten gehandelt haben, die gegen den Geiselnehmer eingesetzt worden waren. Vor der Geiselnahme hatte der Mann nach Polizeiangaben einen Molotowcocktail in ein Schnellrestaurant nahe der Apotheke geworfen. Eine 14-Jährige wurde dabei schwer verletzt. Augenzeugen berichteten, dass ein Schuh und ein Bein des Mädchens gebrannt hätten. Als die Sprinkleranlage anging, flüchtete sich der Mann in die Apotheke.

Die Polizei sperrte den Kölner Hauptbahnhof weiträumig ab. (Foto: dpa)

Auch nachdem der Täter überwältigt worden war, blieb der Bereich um den Hauptbahnhof lange Zeit gesperrt. Eine dreistellige Zahl an Zügen war von dem Großeinsatz bis in die späten Abendstunden betroffen, zeitweise stand nahezu der komplette Bahnverkehr rund um die Millionenstadt Köln still.

© SZ vom 16.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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