Katholische Kirche:Leiter von Missbrauchsstudie warnt vor Kommunionsbeichte für Kinder

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Ein Schild mit der Aufschrift "Beichte Bitte nicht stören!" hängt in der Sakristei im Mariendom. (Foto: Martin Schutt/dpa)

Viele katholisch getaufte Kinder feiern nach Ostern ihre Erstkommunion. Teil davon ist die Kinderbeichte. An dieser Praxis gibt es Kritik.

Mit Besuch der dritten Schulklasse gehen katholisch getaufte Kinder "fast ausnahmslos" zur Erstkommunion, schreibt die Bischofskonferenz. Vor der Erstkommunion, die meist in den Wochen nach Ostern gefeiert wird, müssen die Kinder jedoch zur Beichte, die traditionell in Anwesenheit eines Geistlichen im Beichtstuhl abgelegt wird. Dieser sei in der Vergangenheit jedoch oft Tatort für Missbrauch gewesen, sagt Harald Dreßing und warnt vor der Kinderbeichte. Dreßing ist Autor der sogenannten MHG-Studie von 2018, die erstmals sexualisierte Gewalt von Priestern und Diakonen in den deutschen Diözesen untersucht hatte.

Die Beichte wurde demnach auch genutzt, um die Straftaten zu planen und vorzubereiten. Viele Menschen hätten später beispielsweise von unpassenden Fragen durch die Priester bei der Beichte berichtet. "Die Situation wurde perfide ausgenutzt. Das war eine toxische Mischung." Beim sexuellen Missbrauch gehe es um Macht - und das potenziere sich im Beichtstuhl, wo der Beichtvater die Macht habe, von Sünden loszusprechen. "Das ist eine hochgradig beängstigende Situation," so Dreßing. Daraus leite sich auch die grundsätzliche Frage ab, ob Kinder unter 14 überhaupt beichten sollten. Auch aus entwicklungspsychologischer Sicht sei die damit einhergehende Kinderbeichte kein geeignetes Format. Kinder könnten im Alter der Erstkommunion die Themen Schuld und Sünde noch gar nicht erfassen.

Dass die Beichte klassisches Anbahnungsfeld für Täter war, wird auch in Kirchenkreisen immer wieder kritisch diskutiert. Einige Bistümer bieten deswegen die Möglichkeit, die Beichte in einem nicht-sakralen Raum und bei geöffneter Tür abzuhalten. Vertrauenspersonen können so in Sicht-, aber nicht in Hörweite bleiben. Das Kind habe auch die Möglichkeit, den Raum zu verlassen, wenn es sich unwohl fühlt.

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