Der vielleicht herzerwärmendste und zugleich bitterste Post kommt von dem Schriftsteller Gary Shteyngart, der so lustige und auch schlaue Bücher wie "Kleiner Versager" oder "Willkommen in Lake Success" geschrieben hat. In "Kleiner Versager" erzählt er von seinem Aufwachsen in New York (er ist als kleiner Junge mit seiner Familie aus Sankt Petersburg emigriert), in "Willkommen in Lake Success" zerlegt er den amerikanischen Traum, indem er einen lange erfolgsverwöhnten Hedgefondsmanager mit dem Greyhound-Bus durch die USA, in das Herz dieses großen Landes, reisen lässt. Seine Bücher hat er alle auf Englisch verfasst, Wikipedia nennt ihn einen "US-amerikanischen" Schriftsteller. Und seine Freunde nennen ihn Gary.
Seit vergangenem Freitag denkt Shteyngart darüber nach, ob das gut so ist. An dem Tag hatte David Perdue, Senator in Georgia, auf einer Wahlkampfveranstaltung für Donald Trump sehr offenkundig Schwierigkeiten damit, den Namen von Joe Bidens Vizepräsidentin-Kandidatin, Kamala Harris, richtig zu betonen. Er versuchte das zu überspielen, indem er unter dem Gelächter des Publikums den Vornamen in fünf verschiedenen Varianten aussprach, bevor er nach einem abwinkenden "was auch immer" seine Rede fortführte und damit klarmachte: Wir Donalds und Davids dieser Welt halten uns doch nicht mit ungewöhnlichen Vornamen auf! Auch nicht mit dem einer nicht ganz unbekannten Politikerin, die frühzeitig im Wahlkampf klarstellte, wie man sie auszusprechen hat: "It's pronounced 'comma-la', like the punctuation mark" - ihren Namen müsse man wie eine Zusammensetzung aus "Komma" und "la" aussprechen.
Auf Twitter folgte dann ziemlich schnell die Empörung auf Perdues Intonationsperformance, unter dem Hashtag #MyNameIs teilten andere Träger und Trägerinnen vermeintlich exotischer Vornamen ihre Erfahrungen. "Mein Name ist Krishna", schrieb eine, und, nein, sie heiße nicht "Kris" oder "Christina" und auch nicht "Hairy Krishna", obwohl sie das alles schon genannt wurde. Die frühere Weltmeisterin im Eiskunstlaufen Michelle Kwan verriet ihren mittleren Namen (Wing) und dass er "schön, stark, schlau" bedeute. Und Gary Shteyngart? Der schrieb: "Mein Name ist Igor, ein üblicher russischer Name. Wir änderten ihn zu Gary, als wir nach Amerika kamen, weil andere Kinder wie David Perdue nicht aufhörten, mich deswegen zu ärgern. Ich wünschte, ich wäre stark genug gewesen, um ein Igor zu bleiben."
Igor, Gary, es macht einen Unterschied. Wer weiß, wie nervtötend es sein kann, seinen eigenen Vornamen immer wieder buchstabieren zu müssen, kann nur erahnen, was es bedeutet, wenn der ungewöhnliche Vorname auch noch zu rassistischen Respektlosigkeiten führen kann. Stars haben das früh erkannt - der Schauspieler Ben Kingsley heißt eigentlich Krishna Pandit Bhanji, die Schauspielerin Helen Mirren Helen Lydia Mironoff, Lady Gaga Stefani Germanotta. David Perdue, der Senator aus Georgia mit Namensaussprechproblemen, mag einen typischen amerikanischen Vornamen haben - aber wie spricht man eigentlich seinen Nachnamen aus? Das fragt sich ein Nutzer auf Twitter - klingt es mehr wie Perdoo? Oder Pudroo? Oder gar PeeDo? Ein Antwort darauf hat er bislang noch nicht bekommen.